38.

Wenn auch der Wein das Herz erfreut,

Und Winde Rosen streuen,

So trink' doch nicht bei'm Harfenklang:

Der Vogt liess' dich's bereuen.

Kömmt eine Flasche und ein Freund

Zu Händen dir, dann wage

Wein zu geniessen mit Verstand:

Denn böse sind die Tage.

In den geflickten Ärmel lass

Den Becher heimlich gleiten:

Blutrünstig wie der Flasche Aug'

Erweisen sich die Zeiten.

Die Thräne wäscht die Flecken Wein's

Mir aus der Kutte Falten;

Ist doch die Jahrszeit wieder da

Zum Fasten und Enthalten.

Als blutgetränktes Sieb erscheint

Der Himmel dort, der hohe,

Und seine Spreu, die Häupter sind's,

Die Kronen der Chosroë.

Erwarte reine Lebenslust

Nicht von des Himmels Truge:

Mit Hefe ist der klare Wein

Vermengt in diesem Kruge.

Ĭrāk und Fars erkennt in dir,

Hafis, die Dichterweihe;

Komm, denn für Bagdad und Tĕbrĭs

Kam nun die Zeit und Reihe.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 141-143.
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