4.

Meines Willens Haupt liegt immer

Auf des hohen Freundes Schwelle:

Was mein Haupt auch möge treffen,

Seinen Willen hat's zur Quelle.

Nichts dem Freunde Gleiches sah ich,

Hielt auch, des Vergleiches wegen,

Ich die Spiegel: »Mond und Sonne«,

Dieses Freundes Wang' entgegen.

Kann der Ostwind wohl erklären,

Was mein Herz so sehr beenge,

Dass, wie bei der Knospe Blättern,

Falte sich an Falte dränge?

Nicht nur ich bin's, der hienieden

Krüge leert in vollem Zuge:

Manches Haupt in dieser Werkstatt

Ist auch Thon zu einem Kruge.

Hast du deine Ambralocken

Etwa mit dem Kamm gelüftet,

Weil die Winde Bisam hauchen,

Und die Erde Ambra düftet?

Jedes Rosenblatt der Wiese

Will ich vor dein Antlitz streuen,

Will des Bach's Zipressen alle

Deinem schlanken Wuchse weihen.

Keine Menschenzunge schildert,

Was Er weckt für Sehnsuchtsklagen:

Kann da mit beschnitt'ner Zunge

Noch das Rohr zu schwätzen wagen?

Mir in's Herz kam deine Wange:

Meinen Wunsch werd' ich erreichen,

Denn ein schöner Stand der Dinge

Folget auf ein schönes Zeichen.

Nein, Hafisens Herz durchglühet

Nicht erst jetzt die Gluth der Minne:

Maale, gleich des Feldes Tulpen,

Trägt er schon vom Urbeginne.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 59-61.
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