43.

Wo, Ostwind, ist der Ruheplatz,

Den sich der Freund erwählt,

Wo ist der Wohnort jenes Mond's,

Der Liebende entseelt?

Schwarz ist die Nacht; das sel'ge Thal'

Zeigt sich dem Blicke dort;

Wo ist das Feuer Sinaï's,

Wo der verheiss'ne Ort?

Die Spuren der Zerstörung trägt

Wer auf der Welt erschien:

Wo weilt der Nüchterne? O fragt

In Schenken nur um ihn!

Wer gut auf Zeichen sich versteht,

Ist ein willkomm'ner Mann:

Viel Zartes gibt's: wo ist der Freund

Dem man's vertrauen kann?

Wohl jedem meiner Härchen gibst

Du tausendfach zu thun:

Ich und der müssig Tadelnde,

Wo sind wir Beide nun?

Die Weisheit ras't; man lasse sie

Die Moschuskette schau'n;

Im stillen Winkel weilt das Herz:

Wo sind des Holden Brau'n?

Bereit sind Sänger, Rosen, Wein;

Doch fehlt der Freund; drum scheint

Die Freude nicht bereit zu sein:

Wo aber ist der Freund?

Des Scheïches Zellen-Einsamkeit

Presst mir nur Unmuth aus:

Wo ist der Freund, das Christenkind,

Und wo des Rausches Haus?

Hafis, der Herbstwind des Geschick's

Vorstimme ja dich nicht!

Wo blüht – dies überlege dir –

Die Rose die nicht sticht?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 155-157.
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