49.

Komm', o Schenke, denn den Schleier

Hob der Freund vom Angesicht,

Und die Kerze, frommer Klausner,

Leuchtet nun mit hell'rem Licht.

Jener ausgelöschten Kerze

Antlitz glänzt nun abermal,

Dieser abgelebte Alte

Strahlt in neuer Jugend Strahl.

Der Geliebte that so zärtlich,

Dass die Gottesfurcht entwich;

Und der Freund erschien so gnädig,

Dass den Feind die Angst beschlich.

Halte ein mit dieser Rede,

Herzbethörend, süss und fein:

Dein Pistazenmund – so scheint es –

Taucht sein Wort in Zucker ein.

Wunden hatte mir geschlagen

Eine Last von schwerem Gram,

Als ein Arzt mit 'Îsa's Hauche,

Gottgesandt, sie von mir nahm.

Wer, besiegend Mond und Sonne,

Schönheit bietet zum Verkauf,

Gibt, wenn du herangekommen,

Seinen Handel wieder auf.

In des Himmels sieben Kuppeln

Tönt dies Mährchen fort und fort;

Aber sich', dem blöden Sinne

Scheint es nur ein eitles Wort.

Sprich, Hafis, von welchem Manne

Dies Gebet gelernt du hast?

Denn dein Lied, als Schutzgehänge

Trägt's der Freund, in Gold gefasst.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 173-175.
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