79.

Vorüber ist's, wenn einen Fehler

Begangen hat dein Moschushaar;

Vorüber ist's, wenn auch dein Inder

Hart gegen mich gewesen war.

Mag immerhin der Blitz der Liebe

Versengen eines Armen Saat!

Vorüber ist's, wenn einem Bettler

Ein mächt'ger König Unrecht that.

Mag immerhin des Holden Blicken

Ein liebend' Herz erliegen schier:

Vorüber ist, was Statt gefunden

Einst zwischen meinem Freund und mir.

Die Worteklauber fördern immer

Nur Tadel an das Licht; allein

Vorüber ist, was zwischen Freunden

Nicht recht und schicklich mochte sein.

Nichts Kränkendes für die Gemüther

Gibt's auf dem Pfade. Bringe Wein!

Vorüber ist nun deine Trauer,

Nicht deine Freude nur allein.

Der Liebe Launen muss man tragen,

D'rum harre muthig aus, o Herz!

Vorüber ist nun jeder Kummer,

Verschwunden jeder Unbill Schmerz.

Der Pred'ger tadle nicht Hafisen,

Weil aus dem Kloster er entwich;

Vorüber ist's, wenn er entwichen:

Nicht fesseln lässt der Freie sich.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 249-251.
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