11.

Jenem lieblichen Rubine

Dank' ich dauernden Genuss;

Alles fügt sich meinem Wunsche:

Wesshalb Gott ich preisen muss.

Widerspenst'ges Glück, o drücke

Fest an deinen Busen ihn;

Herze bald den gold'nen Becher,

Bald den lieblichen Rubin!

Weil ich mich berauscht, so haben

Mährchen sich von mir erzählt

Unerfahr'ne alte Männer,

Greise die den Weg verfehlt.

Ich bereue, dass ich jemals

Horchte auf der Frömmler Rath,

Und mich möge Gott bewahren

Vor so schnöder Diener That!

Seele, soll ich dir erklären,

Was da sei der Trennung Schmerz?

Hundert Thränen und Ein Auge,

Hundert Seufzer und Ein Herz.

Selbst wer Gott verläugnet, bleibe

Stets von einem Leid verschont

Wie dein Wuchs es der Zipresse

Und dein Antlitz schuf dem Mond!

Schön'res kann es nimmer geben

Als des Liebenden Geduld:

Ford're sie von Gottes Gnade,

Ford're sie von Gottes Huld!

Das geflickte Kleid der Mönche

Gleicht dem Christengürtel nur:

Ssofi, meide diese Sitte,

Meide dieses Pfades Spur![523]

Wie so froh die Tage schwanden

Die mich einst mit Ihm vereint!

Hundertmal sei Gott gepriesen,

Bringt er mich zum Seelenfreund!

Nie verwende ich das Antlitz

Von der Bahn der Dienerpflicht,

Und empor vom Pfortenstaube

Hebe ich den Scheitel nicht.

Weil Hafis nach deiner Wange

Lüstern ward, so denket er

Weder an die Nachtgebete

Noch die Morgenandacht mehr.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 521-525.
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