1.

[175] Du, auf dessen Salz' der Lippe

Rechte hat mein wundes Herz;

Achte sie! Ich ziehe weiter:

Gott bewahre dich vor Schmerz!

Jenes reine Wesen bist du

Das in heil'ger Geisterwelt

Engel im Gebete preisen

Das dein stetes Lob enthält.

Zweifelst du an meiner Treue,

Unterzieh' der Probe mich:

Auf des Goldes Werth verstehet

Niemand wie der Prüfstein sich.

»Mich berauschen will ich – sprachst du –

Geben dann zwei Küsse dir.«

Mancher Tag verstrich, doch gabst du

Weder zwei noch einen mir.

Lass die lächelnde Pistaze

Zucker streuen rings umher,

Dass das Volk an deinem Munde

Keinen Zweifel hege mehr.

Kühn will ich das Rad zertrümmern,

Dreht's nicht mir nach Wunsche sich:

Lass' ich doch vom Himmelsrade

Nimmer unterdrücken mich.

Weil du, Neider, Ihm verwehrest

Zu Hafisen hinzugeh'n,

O so bleibe du doch mind'stens

Ein paar Schritte von Ihm steh'n!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 175.
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