3.

Wenn auch Tausende von Feinden

Mit dem Tode mich bedroh'n,

Bist nur du mein Freund geblieben,

Sprech' ich allen Feinden Hohn.

Leb' ich, ist es nur in Hoffnung

Der Vereinigung mit dir,

Denn mit hundertfachem Tode

Drohet deine Trennung mir.

Schafft der Wind mir deine Düfte

Nicht von Hauch zu Hauch herbei,

Reiss' ich, Rosen gleich, den Kragen

Mir von Zeit zu Zeit entzwei.

Lässt dein Wahnbild meine Augen

Wohl entschlummern? Nimmerdar!

Ist mein Herz bei deiner Trennung

Wohl geduldig? Gott bewahr'!

Lieber als von Ander'n Pflaster

Sind von dir die Wunden mir;

Lieber als Těrjāk von Ander'n

Ist mir Gift, gereicht von dir;

Sterb' ich, durch dein Schwert getödtet,

Leb' ich fort in Ewigkeit,

Denn, wenn sich mein Geist dir opfert,

Fühlt er hohe Seligkeit.

Wende nicht den Zaum, denn schlügest

Mit dem Schwerte du nach mir,

Machte ich mein Haupt zum Schilde,

Hing' mich an den Sattel dir.

Nicht ein jedes Aug' erblicket

Dich so reizend wie du bist:

Jeder übt sein Sehvermögen

Wie es ihm gegeben ist.

Es erscheint Hafis dem Volke

Dann erst wahrhaft werth und lieb,

Wenn im Staub' er deines Thores

Demuthvoll sein Antlitz rieb.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 177-179.
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