27.

In dem Schenkenraum der Maghen

Stellt sich Gottes Licht mir dar;

Sieh' dies Wunder, welch' ein Licht ist's,

Und wo werd' ich es gewahr?

Herr! Wer sind die Hefentrinker

Dieser Schenke, deren Thür

Eine Kibla aller Nöthen,

Ein Altar geschienen mir?

Liebe, Rausch und Spiel mit Schönen

Gleichen einem hohen Amt,

Und dem Wirken deiner Gnade

Dank' ich selbe insgesammt.

Krame nicht, o Pilgerkönig,

Deinen Hochmuth vor mir aus,

Denn du schau'st das Haus, ich aber

Schaue froh den Herrn im Haus.

Niemand hat von China's Düften

Und vom Moschus aus Chŏtēn

Das geseh'n was jeden Morgen

Ich vom Morgenwind geseh'n.

Um den Mittelpunkt der Einheit

Läuft, gleich fern, der Kreis herum,

Und ich schau' es ohne Frage

Um das Wie und das Warum.

Moschusdüfte will ich lösen

Von des Götzen Lockenhaar:

Doch zu fern liegt der Gedanke!

Irrthum nur werd' ich gewahr.

Herzensgluthen, Thränenströme,

Seufzer Morgens und bei Nacht

Seh' ich sämmtlich durch die Blicke

Deiner Huld hervorgebracht.[277]

Der Gedanken Wege sperret

Stets dein Bild, dein holdes, mir:

Wem entdeck' ich was ich schaue

Hinter diesem Vorhang hier?

Freunde, scheltet nicht Hafisen

Weil er Augenspiele trieb:

Denn ich seh's, er ist von Jenen

Denen werth Ihr seid und lieb!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 275-279.
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