16.

Seine Mondeswange ist der Schönheit

Und der Anmuth lieblichster Verein:

Doch die Liebe fehlet und die Treue:

Wolle sie, Allmächt'ger, Ihm verleih'n!

Nur ein Kind noch ist mein Herzensräuber

Der, zum Spiele blos, mich armen Mann

Grausam tödtet, ohne dass ein Urtheil

Des Gesetzes ihn bestrafen kann;

Darum ist das Beste was ich thue,

Mir vor ihm das Herz zu wahren gut:

Noch erfuhr er Gutes nie und Böses,

Schätzt mein Herz nicht, weiss nicht was er thut.

Ja, ein Götze ist's von vierzehn Jahren,

Flink und süss, den ich mir auserkohr,

Und für den der Mond von vierzehn Tagen

Freudig trägt den Sclavenring im Ohr;

Milchgeruch entströmet seiner Lippe,

Die so süss wie reiner Zucker ist,

Wenn auch Blut aus seinem schwarzen Auge,

Das so schelmisch blicket, niederfliesst.

Jener neuentblühten Rose Spuren

Folgt mein Herz beständig nach, o Herr!

Doch, wo ist es endlich hingerathen?

Läng're Zeit schon seh' ich es nicht mehr.

Bricht der Freund der mir das Herz entwendet,

Sich so kühn durch's Mitteltreffen Bahn,

So vertraut der Kaiser ihm in Eile

Eines Waffenträgers Würde an.

Dankbar will ich meine Seele opfern

Wenn sich jene selt'ne Perle nun

In der Muschel von Hafisens Auge

Einen Platz erwählt um auszuruh'n.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 121-123.
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