1.

[137] Aus den Banden deiner Locken

Rettet sich kein Menschensohn,

Und du tödtest die Verliebten,

Dem Vergeltungsrecht zum Hohn.

Tritt nicht erst der Herzverbrannte

In des Nichtseins Wüstenei'n,

Wird im Heiligthum der Seele

Er kein Auserwählter sein.

Deiner Wimper scharfem Pfeile

Hielte ein Rŭstēm nicht Stand,

Und dem Pförtner deiner Braue:

Reichte ein Wăkkās das Pfand.

In die Mitte, gleich der Kerze,

Stellt' ich treu die Seele hin,

Opferte den eig'nen Körper

Dir mit wahrhaft reinem Sinn.

Hat dich nicht, dem Falter ähnlich,

Erst verbrannt die Leidenschaft,

Wirst du nicht Befreiung finden

Von dem Gram den Liebe schafft.

Einen Brand hast du geschleudert

In des Herzens Falter mir,

Der ich ohnehin schon schwirre,

Aufgeregt von Lust nach dir.

Gleich der Alchymie verwandelt

Mir in Gold der Liebesschmerz

Den aus Staub geformten Körper,

Ist er gleich nur schlechtes Erz.

Fasst den Werth der selt'nen Perle

Jemals wohl des Pöbels Sinn?

Gib, Hafis, dein Prachtgeschmeide

Nur an edle Männer hin.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 137.
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