7.

Der Rosenbaum der Wonne blühet:

Wo ist der Rosige, der Schenke?

Des Frühlings laue Lüfte wehen:

Wo ist der Wein, dies Kraftgetränke?

An eine Rosenwange mahnet

Zwar jedes Röschen auf den Auen:

Doch, wo sind Ohren dies zu hören,

Und wo sind Augen dies zu schauen?

Es mangelt dem Gelag der Wonne

Der Zibet der den Wunsch durchdüfte:

Wo ist des Freundes Moschuslocke?

O sagt es mir, Ihr Morgenlüfte!

Der Rose Prahlerei mit Schönheit

Soll mich in Zukunft nicht mehr drillen:

In's Herzensblut taucht' ich die Hände:

Wo ist das Bild, um Gotteswillen!

Die Morgenkerze hat – verblendet –

Mit deiner Wange Reiz geprahlet:

Der Feind verlängerte die Zunge:

Wo ist der Dolch der glänzend strahlet?

Er sprach: »Du scheinest kein Verlangen

Nach meiner Lippe Kuss zu hegen.«

Mich hat die Lust darnach getödtet:

Wo ist die Wahl und das Vermögen?

Hafis steht in der Kunst des Wortes

Als Hüter bei dem Weisheitshorte:

Doch, durch die nied're Zeit gekränket,

Wo fände wer noch Lust zum Worte?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 481-483.
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