[59] Sie ging vorüber und er hatte Alles!
Er streifte nicht einmal an ihren weiten Mantel an.
Er träumte fortan, sehnte sich und litt. Und war begeistert.
Denn unsere Nerven leben Gott sei Dank von dem allein, was sie empfinden,[59]
und nicht von dem, was der Andere ihnen spendet oder nicht spendet.
In einer anderen brutaleren Sphäre geschieht ein Austausch,
ein naturgemäßer Austausch: do ut des!
Jedoch die Seele funktioniert allein für sich,
sie anerkennt, unabhängig von allem, den Frühling und den Herbst,
das süße Kindchen und die zarte Frau,
das Ufer-Schilf am See, des Sumpfes braune Müdigkeiten, des Hirsches Morgenschrei, des Abends Friedensstille. Und Alles, wie es eben ist!
Wer das nicht selbst empfindet, nennt es »pathologisch«!
Laßt ihnen doch wenigstens dieses heilende Wort für ihre offenen geheimen Wunden!
Daß sie nicht mit können! Nicht mit!
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Mein Lebensabend
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