Der »Fremde«

[200] »Ich bin einmal so, ich muß, ich kann eben nicht ohne«!

Wenn der »Andere«, der »anders-Geartete«, der »Fremde«, eigentlich also bereits dadurch[200] sofort der »organische naturgemäße ewige Feind« Das allein anständig liebevoll begreifen könnte, wäre er wertvoller

als jeder noch so scheinbar fanatische Anhänger!

Er hätte nämlich den Mut, die Kraft, die Anständigkeit, das »Fremde« im angeblich »Bekannten« zu verstehen!

Aber, siehe, gerade Das, diese sogenannte menschlichste und eigentlich selbstverständlichste Gerechtigkeit ist

ihm, zu seinem eigenen ewigen Unfrieden,

versagt! Er kann nur in allen Dingen

nach seiner eigenen, dem Anderen also vollkommen unverständlichen Natur,

beurteilen!

Niemand hält es für eine Ehrenpflicht

seines Geistes, seines Herzens, seiner

Anständigkeit, seiner Beurteilung seiner selbst,

fremden Organisationen gerecht werden zu wollen,

trotz seinem eigenen schamlosen Egoismus!

Niemand hält es für eine eigene Ehrenpflicht,

der »fremden« Welt des Anderen

gerecht werden zu wollen,

um der Gerechtigkeit willen;

sondern Jeder, Jede,

bemühen sich, dem Anderen, der Anderen,

ihre eigenen schamlosen Beschränktheiten

aufzuzwingen!

Pfui Teufel!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 200-201.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]