Der Verrat

[125] Wer von mir »abfällt«?!?

Wie der Apfel von seinem Apfelbaume!

Er dient anderen Genüssen fortan,[125]

zum Beispiel einen duftigen Apfelstrudel zu bilden,

und dadurch zu erfreuen, zu beglücken,

oder irgend etwas, was mit seinem früheren Apfel-sein und den Anderen, Genießenden, zusammenhängt!

Aber vom Apfelbaume, seinem,

meinem innersten Selbst,

ist er dadurch dennoch für ewig

abtrünnig geworden,

und seine Apfel-Düfte interessieren

mich Gott sei Dank nicht mehr!

Es waren nur »Störungen« meiner

letzten Erkenntnisse, daß man sich eben

durch Nichts stören lassen dürfe

hienieden, und seinen eigenen

Schicksals-Weg einsam zu schreiten habe,

auf Kosten seines angeblichen Glückes, das niemals eines ist,

das tatsächlich nicht eine Stunde lang für Niemanden vorhanden ist!

Vogel-Strauß-Politik, ich steckte den Kopf in den Sand, um mir die »eigene Wahrheit meiner selbst« vor mir zu verbergen,

ich, Verbrecher an meinem eigenen Geist!

Ich habe also nicht einmal diese Kraft,

zu werten, Wer eigentlich zu mir gehöre und in mein Leben hinein?!? Trotz allem!

Ich versuche es also, Idiot meiner Selbst,

noch immer mit meinem eigenen Leben und meinen angeblichen Idealen,

Geschäfte zu machen?!?

Pfui, es wird an meiner eigenen

Seelen-Leere ausgehen,[126]

ich werde dahinwanken, ein Selbstbetrogener!

Aber daß ich das erkenne in mir selbst, ist mein Heil hienieden!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 125-127.
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