Des Lebens Schwierigkeit

[119] Jeder Mensch, so bescheiden-nichtig er auch sei und sich sogar fühle, als nullste Null dieses Daseins,

will irgend etwas trotzdem im Leben vorstellen und bedeuten. Über sich selbst leider hinaus, obzwar er es eben nicht vermag.[119]

In jedem gewöhnlichen Gespräche versucht er es.

Nie läßt er locker von seiner eigenen irgendwie dennoch sich irgend einmal vielleicht erweisenden Bedeutsamkeit!

Daher ist der »dozierende Ton« bereits ein Anzeichen von »Größenwahn«, oder gar »Aphorismen« spenden! Es erzeugt hingegen allerdings »Widerspruch«, und Widerspruch tötet die Zeit! Die »Zeit töten«, z.B. durch Billard-spielen, oder Schach-spielen ist vielen sehr wichtig, denn Wenige haben genug Gehirn und Seele, um die Zeit ruhig-gelassen an sich vorüberziehen zu lassen!

Viele machen ihre »Langweile-Geschäfte« mit der Eifersucht, so daß sie ganz auf sich momentan vergessen

und ihre armseligen Nichtigkeiten dadurch.

Andere behelfen sich grotesk-blöd

anderswie. Zum Beispiel sie sammeln, ja, aber was, pfui!

Aber Keiner, Keine, möchten im Leben,

so wie es gerade eben ist, untergehen,

verschwinden. Irgend eine Spur möchte ein Jeder gern zurücklassen

seines wertlosen Erden-Wallens,

und sei es nur ein die Welt nicht sehr bereicherndes Kindchen!

Frauen haben es hierin leicht – – – man braucht sie, hei wie bequem!

Aber Männer müssen irgend etwas noch extra

beweisen, denn, siehe, leider Gott sei Dank,

man braucht sie nicht!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 119-120.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]