Die Häuslichkeit

[36] Er schrie Stunden lang mit ihr über sein heiliges Recht als Künstlermensch auf grenzenlose bedingungslose Lebens-Freiheit (siehe August Strindberg!), und zum Schlusse prügelte er sie ein wenig, eigentlich »markierte« er nur den »Herren!« Aber weh tat es ihr doch, obzwar sie den »Herren« über sich, diesmal über ihr, anerkannte, und nur gerade soviel weinte als nötig war, die Prozedur abzukürzen. Eine Stunde später erschien eine ihrer Freundinnen, und lud sie für morgen in das Donau-Familienbad in Kritzendorf ein. Da er wußte, daß dort-selbst alle jungen Herren (die alten werden auch nicht wegschauen!) die Gelegenheit wahrnehmen werden, ihre unbeschreiblich idealen Beine und Füße zu erblicken, begann nach der schleunigen Flucht der Teufels-gesandten Einladerin, eine neue wüste Szene, inklusive leichter »Markierungen«. Da sagte sie sanft: »Also, mit einem Worte, ich sehe schon (sie hätte sagen sollen: ›ich spüre schon‹), Du verlangst für Dich alle Lebensfreiheit, ich aber darf keine haben!« »Ja!« sagte er, »so ist es!« Und bekräftigte es mit einer Markierung (Ohrfeige).[36]

Da sagte sie: »Fern sei es von mir, gleich den übrigen Gänsen, Dich darob zu verlassen! Ich anerkenne Deine Philosophie, und werde mir jetzt kalte Umschläge machen!«

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 36-37.
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