Natters

[170] Du lebst nun, seit März 1918, in Natters, Paula, in diesem idyllischen Tiroler Gebirgsdorfe an einer[170] elektrischen Bergbahn, hast zwei Holz-Balkone, Milch, Butter, Eier, Käse, Niemand stört Dich in Deiner fanatisch-zärtlichen Natur-Liebe.

Du hast's erreicht, Paula!

Fernab von allen Vorurteilen aller der vorurteilsvollsten Frauen,

hast Du die grausamen Stürme Deiner Dichter-Anbetung überwunden,

und erlebst nun den Frieden, den Du Dir reichlich entsagungsvollst verdient hast!

Heil Dir, Paula! Die Qualen meiner

zahlreichen und unnötigen Ungerechtigkeiten

gegen Dich begleiten Dich segnend,

wenn auch nicht aus bereuendem Herzen,

so doch aus tief ergriffenem!

In »Natters« lebst Du jetzt, in dem kleinen Tiroler Bergdorfe,

hast zwei Holz-Balkone, und der Sturm kommt von ewigen Schnee-Firnen

und kann Dir nichts anhaben!

Die grausamen und unnötigen

Stürme mit dem alten unbequemen Dichter

sind vorübergezogen.

Friede ist in dein verehrtes Dasein eingezogen. Meine Einsamkeit segnet Dich, Paula, in Natters!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 170-171.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]