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[146] Wenn ein Dichter eine schöne Frau kennen lernt und ihr den Hof macht, so sagt sie später: »Ach, diese Art Leute lernt man erst recht schätzen, wenn man sie mal persönlich kennen gelernt hat!«[146]

Wenn ein Dichter eine schöne Frau kennen lernt und ihr nicht den Hof macht, so sagt sie später: »Es ist eine alte Geschichte, solche Leute, mögen sie noch so interessant sein, soll man doch nie persönlich kennen lernen!«


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In der »Gesellschaft« hält man es für sehr »anregend«, die verschiedenen Ansichten und Meinungsunterschiede über dasselbe Thema zu hören! Ich halte es für anregender, wenn Einer die richtige Meinung darüber sagt und die Andern lauschen!


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Jemanden für 'nen ausjemachten Narren erklären, der einem »unangenehme Wahrheiten« ins Gesicht sagt, na, das ist doch nur selbstverständlicher Selbsterhaltungstrieb! Aber jemanden für gescheit erklären, der einem »angenehme Unwahrheiten« ins Gesicht sagt, das ist eine unverständliche Stupidität. Zu welcher Sorte gehören schöne Frauen?


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An Frau Strauss, deren Gatte, der sie liebte, den Jakob Weiß niederschoß, ihren Liebhaber!:

»Um etwas Besonderes zu sein, muß man etwas ganz Besonderes sein. Nur besonders sein, ohne etwas ganz Besonderes zu sein, ist eine riesige Ungezogenheit!«


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»Güte«, »Nachsicht«, »Verzeihen«, ganz nett von einem Gatten! Aber wem gegenüber? Bei der[147] »Kreuzotter«, so schön gefleckt sie auch ist, ein Blödsinn! Wie macht sie es, nicht zu beißen?


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Keine Frau ist »ungezogen«, solang man sich ihre Ungezogenheit gern gefallen läßt! Da nennt man sie herzig und interessant.


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Wenn meine mich geradezu anbetende Freundin Paula einen Hund besäße, den sie lieb hätte und der Pipsi hieße, so würde sie doch einmal eines Tages zu mir sagen: »Liebster, ich kann heute nicht bis zehn bei Dir bleiben. Pipsi hat des Nachts gehustet und der Tierarzt ist ein wenig besorgt. Lasse mich heute früher weggehen, morgen bleibe ich dafür überhaupt!« Aber erstens bin ich gar nicht dafür morgen überhaupt, und dann wie ist es, wenn Pipsis Zustand sich Gott behüte verschlimmerte? Ich bin daher überhaupt gegen Pipsis! Dein Pipsi, meine Liebe, bin ich! Wenn ich huste, dann geh zum Tierarzt!


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Wenn ein Künstler einer liebevollen Frauenseele sagt, daß er mannigfache Anregungen brauche, so erwidert sie: »Du hast doch Deine Kunst!«

Wenn er erwidert, daß eben seine Kunst Anregungen erheische, fühlt sie: »Deine Kunst?! Die Welt wird auf den Schmarrn verzichten können.«


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Der Ski-Fahrer hat eine solche Angst davor, den einzelnen Baum und den melancholisch-düsteren[148] Bergwald bewundern zu sollen, daß er es vorzieht, an ihm pfeilgeschwind vorüberzusausen, zumal man ihn ja doch für einen »Naturfreund« halten wird, denn mitten drin hat man ihn ja doch gesehen!


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Bei einer Gesprächspause war man froh, daß einer das Thema aufwarf, wie viel vielerlei Fahnen man bei sieben Grundfarben machen könne? Einer: »Mit Logarithmen rechnen, war stets schon im Gymnasium meine schwache Seite!« Ein anderer: »Und wenn Sie mir auch sagen werden, 780 Fahnen, ich werde nicht erstaunt sein!« Ein anderer: »Meine Herren, es ist doch ein ernstes Thema! Wenn es aber doch mehr Staaten als Fahnen gäbe?!«

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 146-149.
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