Biographie

Peter Altenberg im Café Central (Fotografie, 1907)
Peter Altenberg im Café Central (Fotografie, 1907)

1859

9. März: Peter Altenberg (eigentlich Richard Engländer) wird als erstes von fünf Kindern des wohlhabenden jüdischen Kaufmanns Moritz Engländer und seiner Frau Pauline in Wien geboren.

1867

Systematischer Privatunterricht in den Fächern der ersten Gymnasialklasse bei einem Hauslehrer und einer Gouvernante.

1869

Nach Ablegung der »Privatistenprüfung« tritt Altenberg in das »Akademische Gymnasium« in Wien ein (bis 1877).

Eine Fußbeinhautentzündung beeinträchtigt ihn fast ein Jahr lang.

Sommerreise mit dem Vater auf den Thalhof bei Reichenau.

1870

Regelmäßige Sommerferien auf dem Thalhof (bis 1877).

1878

19. März: Altenberg besteht im zweiten Anlauf die Matura.

13. Oktober: Auf Wunsch des Vaters beginnt Altenberg ein Jurastudium an der Universität Wien.

1879

Sommersemester: Altenberg wechselt zum Studium der Medizin (bis Sommersemester 1880).

Seine Freizeit verbringt er häufig an der Donau. Er verliebt sich in Bertha Lecher, die Schwester eines Schulfreundes, die von ihren Brüdern »Peter« gerufen wird. Aus Anhänglichkeit an sie nennt er sich später Peter Altenberg.

1880

Plötzlicher Abbruch des Studiums.

Spätherbst: Altenberg beginnt eine Lehre in Julius Weise's Hofbuchhandlung in Stuttgart.

1881

Anfang: Abbruch der Buchhändlerlehre.

Sommersemester: Erneutes Jurastudium in Graz (Steiermark) (bis Wintersemester 1881/82).

1882

Sommersemester: Fortsetzung des Jurastudiums in Wien (bis Sommersemester 1883)

1883

Der Psychiater Ludwig Schlager stellt bei Altenberg eine »Überempfindlichkeit des Nervensystems« fest und rät Altenbergs Vater, in keiner Weise Zwang auf seinen Sohn auszuüben.

Altenberg lebt fortan in dem Bewußtsein seines »Andersseins«, seiner eigenen »Dekadenz«. Er empfindet dies als einen »Fluch«. Gleichzeitig leitet er daraus den Anspruch ab, die gesellschaftlichen Konventionen für sich nicht gelten zu lassen. Er führt das Leben eines Bohemiens.

Seine Mutter ist enttäuscht von der Entwicklung ihres Sohnes, es kommt zum Bruch.

Altenberg beginnt, sich von der Familie abzusondern.

Für seinen Lebensunterhalt kommen der Vater und später sein Bruder Georg auf.

Erste eigene Diät- und Hygiene-Programme.

1886

Altenberg bezieht in Wien seine erste eigene Wohnung.

1889

Arthur Schnitzler erwähnt Altenberg in seinem Tagebuch aus dem Thalhof in Reichenau.

1895

Wiederholter Aufenthalt in Gmunden (Oberösterreich), wo seine ersten Skizzen entstehen.

Briefe an Karl Kraus, der Altenbergs Manuskripte an den S. Fischer-Verlag in Berlin schickt, der später nahezu das gesamte Werk von Altenberg veröffentlicht.

1896

21. Januar: Auf Veranlassung von Karl Kraus erscheint Altenbergs erste Skizze »Locale Chronik« in der Wiener Wochenschrift »Liebelei«.

April: Durch Vermittlung von Arthur Schnitzler und Karl Kraus erscheint Altenbergs erstes Buch »Wie ich es sehe«. Die Sammlung von Skizzen und Gedichten begründet Altenbergs Ruf als Dichter der »kleinen Form«. Er selbst bezeichnet das Verfahren seiner Skizzen als »Telegramm-Stil der Seele«.

November: Beginn der regelmäßigen Mitarbeit an der Zeitschrift »Wiener Rundschau« (bis Juni 1900).

In den nächsten Jahren folgt ein rastloser Wohnungswechsel.

Altenberg beginnt, Alkohol zu trinken, um besser schlafen zu können.

1897

Frühjahr: »Ashantee« (Skizzen).

Altenberg wird regelmäßiger Mitarbeiter der Münchner Zeitschrift »Simplicissimus« (bis 1914) und gelegentlicher Mitarbeiter der Münchner Zeitschrift »Jugend« (bis 1900).

Freundschaft mit Egon Friedell und Adolf Loos.

In Joseph Kürschners »Deutschem Literaturkalender auf das Jahr 1897«, in dem Altenberg erstmalig erscheint, gibt er als seine Privatadresse »Wien I, Herrengasse, Café Central« an, das berühmteste Wiener Literatenkaffeehaus der Jahrhundertwende.

1898

Zeitweise wohnt Altenberg bei seinem Bruder (bis 1902), der die Firma des Vaters übernimmt.

November: Beginn der regelmäßigen Mitarbeit an der Wiener Wochenzeitung »Extrapost«, für die er vor allem Theaterkritiken schreibt (bis Juli 1899).

1899

November: Übersiedlung nach München, wo Altenberg mehrere Monate lebt.

1900

Altenberg tritt aus der mosaischen Glaubensgemeinschaft aus und konvertiert – wahrscheinlich unter dem Einfluß von Kraus – zur katholischen Kirche.

»Was der Tag mir zuträgt« (Skizzen, vordatiert auf 1901).

1901

Bekanntschaft mit Lina Obertimpfler, Tochter der Kaffeehausbesitzer der »Casa piccola«, die später Adolf Loos heiratet.

Beginn der gelegentlichen Mitarbeit für »Die Fackel« von Karl Kraus und für die Berliner »Neue Rundschau«.

1902

Altenberg bezieht ein kleines Zimmer im Stundenhotel »London«, wo er etwa zehn Jahre wohnen bleibt.

1903

Oktober: Beginn der Herausgabe der bibliophilen, in Tapetenpapier gebundenen Zeitschrift »Kunst. Monatsschrift für Kunst und alles Andere«. Die ersten beiden Hefte gibt er zusammen mit Adolf Loos heraus, der sich dann von Altenberg trennt und eine eigene Zeitschrift begründet. Altenberg ist bis Heft 5 (Februar 1904) Redakteur der Zeitschrift und liefert bis zum letzten Heft (Juni/Juli 1904) Beiträge.

1904

Alfred Kerr verfaßt unter dem Namen Jean Paul einen Aufruf zur finanziellen Unterstützung von Altenberg: »Laßt meinen Nachfolger nicht allein im Siechtum«.

Altenberg wird Mitarbeiter an der Wiener Zeitschrift »Der liebe Augustin«.

1905

Bankrott der von seinem Bruder Georg geleiteten väterlichen Firma.

Altenberg lebt von der Unterstützung einiger Mäzene, darunter Hugo von Hofmannsthal, Salomon Fischer, Alfred Kerr, Karl Kraus.

September: Altenberg löst einen Gewerbeschein, um sein »Peter Altenberg Kollier« (Ketten aus Steinen und gedrechselten Holzstücken) in Kaffeehäusern und Nachtlokalen verkaufen zu können.

Herbst: Beginn der Mitarbeit an der Wiener »Allgemeinen Zeitung«, für die er vor allem Cabaret- und Varietékritiken schreibt (regelmäßig bis 1909).

Spätherbst: Das »Gesundheitsbuch« »Prodomos« erscheint (vordatiert auf 1906). Altenberg nennt es den »ersten physiologischen Roman«.

1906

Freundschaft mit der 18jährigen Hamburgerin Helga Malmberg, einer Angestellten der »Wiener Werkstätte«.

Verkehr am Stammtisch »Löwenbräu«, unter anderem mit dem Maler Karl Hollitzer, Lina und Adolf Loos, Egon Friedell.

1907

Mitarbeit in dem von der »Wiener Werkstätte« eingerichteten »Cabaret Fledermaus«.

»Märchen des Lebens« (vordatiert auf 1908).

Gelegentliche Mitarbeit an der Münchner Zeitschrift »März« (bis 1909).

Beginn der regelmäßigen Mitarbeit an der Berliner Zeitschrift »Die Schaubühne«, die bis 1911 knapp 200 Beiträge von Altenberg publiziert.

1908

»Die Auswahl aus meinen Büchern«.

Altenberg regt zu seinem bevorstehenden 50. Geburtstag selbst eine Geldsammlung an.

1909

Die Geldsammlung bleibt ohne wesentliche Resonanz. Die drückende Notlage verursacht Depressionen.

Karl Kraus veröffentlicht in der »Fackel« einen Artikel zum 50. Geburtstag Altenbergs.

Die »Bilderbögen des kleinen Lebens« erscheinen als einziges Buch nicht bei S. Fischer.

1910

Der ständige Konsum von Alkohol und Schlafmitteln verursacht ein Nervenleiden, das in den folgenden Jahren mehrfach in Heilanstalten behandelt werden muß.

Altenberg leidet zunehmend unter Verfolgungswahn.

Aufenthalt in der Kaltwasserheilanstalt Sulz bei Mödling und in der Fangoanstalt in Wien.

August: Ein Aufruf zur Geldsammlung für den kranken Altenberg erscheint in vielen Tageszeitungen und Zeitschriften.

Dezember: Einlieferung in die Nervenheilanstalt Inzersdorf bei Wien.

1911

September: Altenberg wird ohne Besserung aus der Anstalt Inzersdorf entlassen.

Trennung von Helga Malmberg.

Oktober: Kuraufenthalt in dem Höhenluftkurort Semmering (bis Mitte 1912).

»Neues Altes« (Briefe, Tagebuchnotizen, Skizzen).

1912

Sommer: Egon Friedells Buch über Peter Altenberg, »Ecce Poeta«, erscheint bei S. Fischer.

10. Dezember: Altenberg wird in die Nervenheilanstalt Steinhof in Wien gebracht. Die Behandlungen werden aus Geldspenden von Kollegen und Freuden finanziert.

1913

31. März: Die Uraufführung von Alban Bergs »Fünf Orchesterliedern nach Ansichtskarten-Texten von Peter Altenberg, op. 4« in Wien unter Leitung von Arnold Schönberg löst einen Skandal aus.

28. April: Auf Initiative von Arthur Schnitzler wird Altenberg aus Steinhof entlassen.

Mai-Oktober: Mehrmonatige Reise mit Adolf und Bessie Loos, Ludwig und Cissy von Ficker sowie Karl Hollitzer nach Venedig, wo sie sich mit Georg Trakl, der Verlegerfamilie Fischer und anderen treffen.

Oktober: Rückkehr nach Wien. Altenberg siedelt in das »Graben-Hotel« über, wo er bis zu seinem Tod wohnt.

1914

Liebesbeziehung zu Paula Schweitzer.

Altenberg begrüßt den Ausbruch des Krieges.

1915

»Fechsung« (Skizzen).

Zwischen Altenberg und Kraus kommt es zu Spannungen, die ihren Ausgangspunkt in Altenbergs inkonsequenter Haltung gegenüber dem Krieg haben. An die Stelle seiner anfänglichen Verherrlichung des Krieges tritt eine zeitlos-moralisierende Haltung, die Kraus kritisiert.

1916

»Nachfechsung« (Skizzen).

Beziehungen zu Anni Mewes und Paula Schweitzer.

1917

Erscheinen der ersten Nummer der Zeitschrift »Ver! Auf daß der moderne Geist in Allem und Jedem zum Ausdruck komme«, herausgegeben von Karl F. Kocmata unter Beteiligung von Altenberg.

9. März: Seit seinem 58. Geburtstag trägt Altenberg Sandalen an den »nackten Füßen«, weil er dies für gesund hält.

Oktober: Besuch bei der inzwischen verheirateten Paula Deman, geb. Schweitzer, in Innsbruck.

1918

Bei einem Sturz auf einer Hoteltreppe zieht sich Altenberg einen doppelten Handwurzelbruch zu. Er liegt bis Ende Juli nieder und nimmt hohe Dosen Schlafmittel ein. Er lebt von drei Portionen Kartoffeln am Tag.

»Vita ipsa« (Skizzen).

1919

8. Januar: Altenberg stirbt an einer schweren Lungenentzündung und einem Lungenödem in Wien.

»Mein Lebensabend« erscheint posthum.

Buchempfehlung

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich

Deutsche Lieder aus der Schweiz

Deutsche Lieder aus der Schweiz

»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon