Meine Korrespondenz

[38] »Du, Peter, schau', i hab' an Kren (reichen Mann) am Semmering sitzen, der jetzt aber seit einiger Zeit ›nachläßt‹. Geh' schreib' du ihm einen geschickten Brief statt meiner. Wenn du ihm dadurch die 200 Kronen herausfetzst, kriegst du davon 50. Wird dir das was schaden, no also!?!«


Ich führte für ein armes süßes Mäderl durch ein halbes Jahr die Korrespondenz mit einem reichen jungen Ingenieur in Rußland, der sie heiraten wollte. Eines Tages kam sie und sagte zu mir:

»Peter, du brauchst dich nicht mehr zu bemühen, der Schuft ist verheiratet und hat drei Kinder. Es war alles umsonst. Wir sind da beide schön hineingesprungen – – –.«


»Peter, du allein kannst mir noch helfen, ich flieg' wie irrsinnig auf den jungen Grafen T. Schreib' ihm statt meiner einen deiner entzückenden Liebesbriefe, wo man net mehr auskann, wann man's gelesen hat – – –.«

Und ich schrieb einen meiner entzückenden Liebesbriefe, wo man nicht mehr auskann – – –.

Der Graf schrieb zurück: »Fliege nicht auf moderne Gänse mit mißverstandenen P.A.-Allüren. Schluß!«

Das junge Mädchen sagte zu mir: »Du willst ein Dichter sein?! Wennst einem nicht einmal in so einer Sache helfen kannst?! Geh' scham' di (schäme dich)!«[38]

Eine war kokett gewesen, hatte sich dadurch ihren getreuen sicheren Freund mit Monatsrente verscherzt.

Sie bat mich, es ihr durch einen Brief zu richten.

Ich schrieb statt ihrer: »Du als ›alter Drahrer‹ solltest längst es doch wissen, daß wir alle dumme Ludern sind! Willst Du mit einem ungezogenen aber süßen Kindchen aufbegehren, das Dich ›anwischerlt‹, während Du es streichelst auf Deinem Schöße?!? Schau', wir sind ja so arme dumme schlecht erzogene Kindchen. Habe da doch ein bißchen Erbarmen!«

Und er hatte Erbarmen und schickte, ohne je wiederzukommen, die Monatsrente![39]

Quelle:
Peter Altenberg: Märchen des Lebens. Berlin 7–81924, S. 38-40.
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