Une femme est un état de notre âme

[282] Wie ist ihr Leben?! Das Leben von Christine, welche die Tanten »Christa« nennen?!

Wie ist ihr Leben?! Sage mir!

Er ist der Dichter ihres stillen Lebens. Was in ihm ist, ist sie!

Wie die Natur sich hinlebt jeden Tag, bis Einer kommt und sagt: »So bist Du!«

Was ist der Apfelbaum, der rosig wird im Frühling, wenn nicht ein Dichter singt: »Da steht ein kleiner Apfelbaum und blüht«?!

Was ist es weiter?! Wie sollte er nicht blüh'n, wenn Frühling ist?![282]

Da steht er, braun und rosig und blüht so hin – –.

Was ist er ohne seinen Sänger?! Was ist sein Sänger ohne ihn?!

Er gibt sein Blühen. Und der Dichter gibt ihm sein tönendes Empfinden dieses stummen Blüh'ns.

So gibt die Frau ihr stummes Wesen hin. Und Er gibt ihr sein tönendes Empfinden ihrer Stummheit!


Was bist Du, armes stilles Weib?!

In seinem Blick wirst Du dein Leben lesen!

Das bist Du, was Er von Dir singt!

Und singt Er nicht, so bist Du nicht gewesen!!


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»Gute Nacht, Papa«.

»Schlaf' gut, mein Kind.«

Dann steht sie vor dem breiten Marmor-Waschtisch, der nach Seife duftet und Pasta Boutemard.

Aus ihren braunblonden Haaren macht sie einen kleinen Dreher.

Und husch in's kühle Bett mit seinen warmen Decken.

Löscht die Lampen aus!

Der Tages-Mechanismus ist zu Ende.[283]

Quelle:
Peter Altenberg: Wie ich es sehe. Berlin 8–91914, S. 282-284.
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