Scena 5.

[25] Justicolus. Janus. Placidus. Nimrodus. Sophia.


JUSTICOLUS.

Holla: Kumpt niemand noch herfur?

JANUS.

Wer sturmet den so fur der thur.

Wer seit ihr? sagt mir, gute leut,

Die ihr zu vns her Kommet heut?

JUSTICOLUS.

Gleichviel: Ist ewer Her im hauss,

So heiss ihn Komn zu vns herauss.

Wir wolten ihn anreden gern,

Sprich, dass er sich nicht woll beschwern.

JANUS.

Wollt ihr ein wenig bleibn allein?

Jetz wolln wir wieder bei euch sein.

PLACIDUS.

Ja: geh nur vnd bring ihm bescheidt,

Zu harren lang han wir nicht zeit.

JUSTICOLUS.

Wie wolln wirs den Am besten machn,

Dass wir erhalten diese Sachn?

PLACIDUS.

Die Sach wirt sich wol selbs anfangn.

Sich, er Kumpt schon daher gegangn.[25]

JUSTICOLUS.

Glück zu: Godt geb euch seinen segn.

PLACIDUS.

So viel habt auch von meinent wegn.

NIMROD.

Godt danck euch fromme leut allbeid.

Wass bringt ihr guts? sagt mir bescheidt.

JUSTICOLUS.

Vns hat zu euch hieher gesandt,

Ewr nachbar, der euch wol bekandt.

(: Sonst Pyramus sein name ist :)

Der bitt von euch zu dieser frist,

Weil er nun Ehlich gdenckt zu lebn,

Dass ihr ihm wollt ewr Tochter gebn.

Ihr tugent ihn dazu bewegt,

Dass er solch liebe zu ihr tregt.

Er sagt, wir sollen euch anzeign,

Wie sich sein hertz zu ihr thu neign.

So ihr sie ihm nicht wollet gebn

So werds ihn Kosten leib vnd lebn.


Nimrodus obtnescat paulum et post.


Gut Herrn, diess ist ein wichtig sach,

Der Man erst wol muss denken nach.

Drumb lasst ess euch zwar wundern nicht,

So ich nicht balt euch geb bericht.

Ihr wollt mirs nicht fur vbel han,

So ich zuuor es sage an

Daheime meiner lieben frawn,

Der muss ichs Ja zuvor vertrawn.

Beredt euch hie von diesen dingn.

Ich wil sie mit herausser bringn,

So Könnt ihr hören allebeidt,

Wass mein sei vnd was ihr bescheidt.

PLACIDUS.

So thuts vnd geht nur balt hinein.

NIMROD.

Ich wil ietz wieder bei euch sein.

JUSTICOLUS.

Wie wollen wir ihm doch nach gehn,[26]

Damit wir mugen wol bestehn.

Er ist so gar ein Kluger man,

Ich furcht, das ich gegn ihm nichts Kan.

PLACIDUS.

Wir mussn So viel ihm bilden ein,

Dass er wolt eingedechtig sein

Der Tugnt, die Pyramus begangn,

Dadurch er Kreig gross Rhum vnd prangn.

Wir müssen ihm diess auch halten fur:

/Wer frein wil, der frei fur der thur.

So weissr, mit wem er sich verspricht

Vnd darffs hernach ihn grewen nicht.

JUSTICOLUS.

Haltt still, da Komn sie beide her,

Lasst hörn wass bringen sie fur mehr.

NIMRODUS.

Ess dünckt euch wol was lang die zeit,

Eh ich wiedr her Kom zu euch beid.

JUSTICOLUS.

Die Rechte zeit ist noch getroffn,

So gnug geschicht nur vnserm hoffn.

NIMROD.

Wir habn den handel vberlegt,

Wie man in Solchen Sachen pflegt.

Nun ist vns aber noch nicht ebn,

Dass wir sie ihm hin solten gebn.

Wir wissen ihm des grossen danck,

Beid ietz vnd vnser leben langk,

Dass er so grosse muh sich macht

Vnd vnser Thisben werdig achtt.

Dass wollt ihr ihme sagen an.

Diess mahl ess nicht geschehen Kan.

PLACIDUS.

Mein her, lasst euch doch DAS bewegn,

Dass godt ihm gibt so guten segn.

Er hat bei iederman gross Ehr,

Rhum, Ansehnd, vnd der gleichen mehr.

Dazu ist er der tugnt so voll,

Dass ihm fast Keiner gleichen sol.[27]

Ess sei in reiten, rennen, stechn,

Den mut Kan er den feinden brechn.

Er ligt auch allenthalben ob,

Dadurch erlanget er gross lob.

In fechten thut er gar nicht schertzn,

Dass mag euch billig gehn zu hertzn.

SOPHIA.

Ach gute Herrn, bedenckt es wol:

Dass ich mein Tochter geben sol,

So Jung hin einem Reichen man.

Dasselb ich Keineswegs thun Kan.

Wen er nicht wer begabt so sehr,

Odr sonst nur ihres gleichen wer,

Wolt ich so lang mich nicht bedenckn,

Ich wolt sie ihm nur fluchs hin schenckn,

Den mir sein Tugend wol ist Kundt

Von Seiner erstn geborten stundt.

Ich furcht, wen ich sie ihm ward gebn,

Sie wurden seltn im frieden lebn.

Den wer da hat so grosses gut,

Hat gmeinlich auch ein Solchen mut,

Dass er sein frawen Stets veracht,

Wen sie ihm nicht gross gut hat bracht.

Sie werlich es in ihren ohrn

All stund vnd augenblick muss hörn,

Wie ich den offtmals hab gesehn,

Dass es bein leuten ist geschehn.

Darumb bin ich noch nicht bedacht,

Dass meine Tochtr zur Eh werd bracht.

Nicht wil ich solches darumb sagn,

Als wolt ich ihn deshalb beclagn.

Dasselb sei ia von mir gantz weit,

Ich btracht meinr Tochtr gelegenheit.

Mein Tochter ist noch Jung von Jarn,

Die Kan ihr frein noch lenger Sparn.

Dass Konnt ihr ihm wol sagen An,

Da magr sich nach zu richten han.

Ess ist sonst manches megdlin frumb,

Da Kan er sich nach sehen vmb.

Mein Tochter sol bey mir noch sein

Ein zeit lang: ist die antwort mein.[28]

JUSTICOLUS.

Weil den Ja gar vmsonst geschicht

Vnsr bitt: vnd wir's erlangen nicht,

So mugen wir ab von euch lahn

Vnd ihm die Andtwort sagen An.

NIMRODUS.

Ja liebe freund, zu dieser zeit

Ist es nicht vnsr gelegenheit.

PLACIDUS ad Justicolum.

So Komt vnd lasst zu ihm vns gehn

Vnd lassn die Andwort ihn verstehn.

Ich furcht, es wirt ihm bringen schmertz,

Odr wol zurbrechen gar sein hertz.

JUSTICOLUS.

Er hat da nach wol gross verlangn,

Wie es mit vns doch sei ergangn,

Dass er hör, wass von diesen dingn

Wir ihm fur Andwort wieder bringn.


Quelle:
Drei deutsche Pyramus-Thisbe-Spiele. Tübingen 1911, S. 25-29.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Liebelei. Schauspiel in drei Akten

Liebelei. Schauspiel in drei Akten

Die beiden betuchten Wiener Studenten Theodor und Fritz hegen klare Absichten, als sie mit Mizi und Christine einen Abend bei Kerzenlicht und Klaviermusik inszenieren. »Der Augenblich ist die einzige Ewigkeit, die wir verstehen können, die einzige, die uns gehört.« Das 1895 uraufgeführte Schauspiel ist Schnitzlers erster und größter Bühnenerfolg.

50 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon