Gunnar's Heimfahrt.

[34] Nach dem Siege bei Ösyssel fuhr Gunnar mit Kulskjäg und Halvard nach Dänemark. Er besaß nunmehr zehn Schiffe und viel Gut. Er steuerte hinein nach Hedeby in Dänemark, welches jetzt Schleswig heißt, und ging dort an Land. Damals waltete König Harald Gormsohn über das Reich Dänemark und hielt sich gerade dort im Lande auf. Man erzählte ihm von Gunnar und rühmte ihn als einen so trefflichen Mann, daß er seinesgleichen nicht auf Island fände. Da sandte König Harald einen Boten zu Gunnar und lud ihn zu sich. Gunnar nahm die Einladung an, Harald nahm ihn sehr ehrenvoll auf und ließ ihm einen Sitz neben sich bereiten. Am Königshofe blieb Gunnar einen halben Monat. Der König hatte seine Freude daran, Gunnar in verschiedenen Waffenübungen mit seinen Mannen sich versuchen zu lassen. Aber es fand sich keiner, der es ihm gleichthun mochte in irgend einer Leibesübung. »Nach deinesgleichen wird man lange suchen müssen,« sagte der König zu ihm und bot ihm an, er wolle ihm zu einer vortheilhaften Heirat und zur Stellung eines mächtigen Häuptlings verhelfen, falls er in seinem[34] Reiche sich niederlassen wolle. Allein Gunnar dankte dem Könige für das Anerbieten und sagte, er wolle vor der Hand erst nach Island zurückfahren zu seinen Freunden und Vettern. »Dann wirst Du niemals zu uns zurückkehren,« sagte der König. »Das mag das Geschick bestimmen,« antwortete Gunnar, und beim Abschied gab er dem König ein gutes Langschiff und viel Gut. Der König aber schenkte ihm ein Prachtgewand, ein Paar goldumsäumte Handschuhe, ein Stirnband mit goldenem Aufsatz und einen gerdischen oder russischen Hut. Darnach fuhr Gunnar nordwärts nach Hisingen, wo Ölve ihn mit offenen Armen empfing. Gunnar stellte ihm seine beiden Schiffe zurück und sagte, ihr Inhalt sei der Antheil, der ihm zukomme. Ölve nahm das Gut an, pries Gunnar ob seiner offenen Hand und bat ihn, einige Zeit bei ihm zu weilen. Doch auf Halvard's Anrathen beschloß Gunnar nach Drontheim zu fahren und Hakon Jarl zu besuchen, der nunmehr über Norwegen regierte. Auch hier wurde er ehrenvoll empfangen und der Jarl bot ihm an, den Winter über bei ihm zu bleiben; Gunnar nahm es an, denn er war wohlgelitten von allen, und beim Julfest empfing er einen Goldring vom Jarl. Gunnar faßte Zuneigung zu Bergliot, einer Nichte des Jarl's, und es war diesem leicht anzumerken, daß er sie ihm gegeben hätte, wenn er nur ein Wort darüber hätte fallen lassen. Als der Frühling nahte, fragte der Jarl Gunnar, was er jetzt vorhabe, und Gunnar erwiderte, er wolle nunmehr nach Island fahren. »Mißwachs haben wir hier im Lande gehabt,« sagte der Jarl, »und es wird darum die Ausfuhr nach Island nur gering sein, doch will ich Dir trotzdem[35] Mehl und Holz mit auf's Schiff geben.« In kurzer Frist machte Gunnar sein Schiff segelklar. Halvard und Kulskjäg schlossen sich ihm an, und sie erreichten das Land im Frühsommer. Gunnar selbst ritt vom Schiffe heimwärts und sandte Männer hin, um es zu löschen. Alle empfingen die Brüder voll Freude, diese waren aber auch sanft, mild und freundlich gegen ihre Hausgenossen und gar nicht hochmüthig ob ihrer Fahrt. Gunnar fragte, ob Nial zu Hause sei, und als ihm die Frage bejaht wurde, ließ er sein Pferd vorführen und ritt von Kulskjäg begleitet nach Bergthorshvol. Hocherfreut wurde Nial, als er sie sah und bat sie, die Nacht über zu bleiben; Gunnar erzählte nun von seinen Fahrten. »Du bist ein trefflicher Mann« sprach Nial zu ihm, »und hast viele Prüfungen und Kämpfe bestanden, doch wirst Du deren noch mehr erfahren, denn viele Neider werden Dir erstehen.« »Gern möchte ich doch mit allen auf gutem Fuß stehen,« meinte Gunnar. »Kaum mag Dir das gelingen,« sprach Nial, »und Du wirst oft für Dein Leben kämpfen müssen.« »Mag es so kommen, wenn es nur für eine gute Sache ist,« erwiderte Gunnar. »Die wird Dir nicht fehlen«, versetzte Nial, »wenn Du nur nicht für andere entgelten mußt.« Nial fragte Gunnar, ob er zum Alting zu reiten gedenke, denn dieses war nicht mehr fern. Gunnar bejahte es und fragte hingegen, ob Nial es auch beabsichtige. »Keineswegs,« entgegnete dieser, »und gern sähe ich, daß Du Dich ebenfalls fern hieltest.« Gunnar ritt heim und beim Abschied schenkte er Nial reiche Gaben und dankte ihm für die Aufsicht über seinen Hof und sein Gut. Kulskjäg redete Gunnar eifrig zu, zum Ting zu reiten. »Dein Ansehen wird dadurch wachsen,« sagte er, »denn viele werden kommen und Dich begrüßen.« »Nicht steht mein Sinn dahin, mich selbst zur Schau zu stellen,« entgegnete Gunnar, »doch scheint es mir gut, mit braven Männern zusammenzutreffen.« Halvard war nun auch gekommen und erbot sich, sie zum Ting zu geleiten, und so ritt denn Gunnar aus und alle anderen mit ihm. Als sie zum Ting kamen, waren sie so gut gekleidet und gerüstet, daß niemand ihnen gleichkam, und aus jeder Hütte, an der sie[36] vorbeikamen, liefen die Bewohner hervor, um sie zu bewundern. Gunnar ritt nach dem Platze, wo die Anwohner des Rangau ihre Hütten hatten und nahm dort Aufenthalt mit seiner Sippe. Viele Männer erschienen, um sich mit ihm zu unterreden und Zeitung zu erfragen. Er war heiter und freundlich gegen alle und sagte ihnen, was sie wünschten.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 34-37.
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