Skarphedin's Tod.

[176] Skarphedin lief unmittelbar nach Kaare den hinuntergefallenen Querbalken hinan; als er aber an die Stelle kam, wo derselbe am stärksten verbrannt war, brach er unter ihm, so daß Skarphedin hinunterstürzte. Er machte einen neuen Versuch und kroch die Wand hinan, aber es stürzte ein andrer Balken auf ihn herab, so daß er zurückfiel. »Nun sehe ich, wie es kommen soll,« sagte er und ging längs der Außenwand dem Ausgange zu. Da kroch Gunnar Lambesohn von außen auf die Wand und erblickte ihn. »Weinst Du jetzt, Skarphedin?« rief er. »Nein, bewahre,« versetzte Skarphedin, »aber soviel ist gewiß, der Rauch beißt in den Augen.« »Aber höre ich recht,« setzte er hinzu, »so lachst Du?« »Freilich lache ich,« erwiderte Gunnar, »und es ist das erste Mal, daß ich es thue, seit Du Thraen auf dem Markarflusse erschlugst.« »Da hast Du eine Gabe zur Erinnerung daran,« sprach Skarphedin und zog aus seiner Tasche einen Backenzahn Thraen's, den er aufgehoben hatte, als er über das Eis hinrollte und schleuderte ihn Gunnar ins Auge, so daß dieses heraussprang und ihm über die Wange herabhing. Gunnar Lambesohn stürzte von der Wand herab. Skarphedin eilte zu seinem Bruder Grim, und sie faßten sich an der Hand und versuchten das Feuer niederzustampfen. Als sie aber in die Mitte des Raumes kamen, sank Grim leblos zur Erde. Skarphedin eilte nun nach dem Ende des Hauses. Da ertönte ein furchtbares Krachen, das ganze Dach stürzte ein[176] und Skarphedin wurde zwischen dasselbe und die Giebelwand eingezwängt, so daß er nach keiner Seite hin auch nur einen Schritt thun konnte. Flose aber und seine Genossen blieben bei dem Feuer, bis der Morgen hereinbrach. Da kam ein Mann auf sie zugeritten. Er sagte, er heiße Gejrmund und sei ein Verwandter der Sigfussöhne. »Es ist eine große That, die Ihr hier vollbracht habt,« äußerte er. »Man wird sie einerseits groß, andrerseits nichtswürdig nennen,« versetzte Flose, »aber dem mag nun sein, wie es will.« »Wie viele haben hier das Leben lassen müssen?« fragte Gejrmund. Flose nannte Nial und Bergthora, alle ihre Söhne, Kaare Sölmundsohn und seinen Sohn Thord. »Du nennst einen Mann todt, mit dem ich diesen Morgen geredet habe,« erwiderte Gejrmund. »Wer ist das?« fragte Flose. »Es ist Kaare Sölmundsohn,« antwortete Gejrmund; »sein Haar und seine Kleider waren versengt und die Klinge seines Schwertes war blau geworden, aber er sagte, er werde sie wieder härten in Flose's und der übrigen Mordbrenner Blut.« Flose versetzte: »Du bringst uns eine Zeitung, die uns keinen Frieden und Ruhe verspricht, und wir wissen nun im voraus, daß viele von uns ihr Leben werden lassen müssen und andre all ihr Gut. Denn der Mann ist entkommen, der Gunnar von Hlidarende in allen Stücken am nächsten steht.« Unterdessen sang Modolf Ketilsohn ein Lied und bekundete darin seine Freude über Nial's Tod. »Darum wollen wir nicht prahlen,« äußerte Flose; »daß Nial verbrannt ist, gereicht uns wenig zur Ehre.« Darauf bestieg er die Giebelwand mit einigen anderen. Da hörten sie, daß zu ihren Füßen im Feuer ein Lied gesungen wurde. »Hat Skarphedin dieses Lied lebend oder todtgesungen?« fragte Grane Gunnarsohn, als das Lied zu Ende war. »Darüber will ich mir nicht den Kopf zerbrechen,« entgegnete Flose. »Laßt uns nach Skarphedin's Leib suchen und der übrigen, die hier verbrannt sind!« sprach Grane. »Mit nichten,« antwortete Flose, »solches kann nur Narren wie Dir einfallen, jetzt, wo man Mannschaft gegen uns aufbietet im ganzen Gau; gar bald wird dem, welcher jetzt so gute Laune hat, so angst und bange sein, daß er nicht weiß,[177] wohin er sich wenden soll. Mein Rath ist, daß wir alle schleunigst fortreiten.« Damit eilte er zu seinen Pferden und alle seine Genossen folgten seinem Beispiel.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 176-178.
Lizenz:
Kategorien: