Die beiden Ratten.

[74] In jener alten Zeit, wo noch die Thiere sprachen,

wo noch manch Mädchen fleißig spann,

hat sich die folgende Geschichte zugetragen,

die man auf's Wort nicht glauben kann. –

Ein junges Bäckerweibchen machte

des Abends ihren Teig – es hüpft ein Floh herbei,

der blutbegier'ge Bös'wicht brachte

ihr einen Stich an jenem Orte bei,

aus dem – wie Bruder Lucas wollte,

und wie er es dem Mädchen auch versprach –

ein Papst zum Vorschein kommen sollte. –

Die Bäckerin, nicht faul, ließ eh'r nicht nach –

bis sie ih fand, und – knicks den Hals ihm brach.

Sie legte sich zu Bett, doch von dem Teige,[74]

der an den Händen kleben blieb,

war an dem Rand des Orts, den ich verschweige,

als sie den Floh daraus vertrieb,

die Spur geblieben, und zwei Ratten

mit feinen Näschen, die dies herrliche Gericht

von weitem schon gerochen hatten,

versäumten diese Mahlzeit nicht.

Sie schlichen sich in's Bett und jede hielte

sich brav dazu. – Der Mann der Bäckerin,

der seinen Teig jetzt aufgegangen fühlte,

macht sich bereit, um in den Ofen ihn

zu schieben. – Als die beiden Ratten hörten,

daß er sich regt, stürzt eine, ganz betäubt

von Furcht, zuerst hinein; die andre bleibt

nur noch dabei – und Angst und Schrecken mehrten

sich jeden Augenblick. – Nach dem, was er gethan,

legt sich der Mann nun wieder auf die Seite. –

Zu der Gefangnen großen Freude,

die, als sie sich in Freiheit sahn,[75]

sogleich hin auf den Boden eilten,

der eigentlich ihr Wohnsitz war –

wo sie, entgangen der Gefahr,

von jedem Umstand Nachricht sich ertheilten. –

Mir ist's gar sonderbar ergangen, – sagte

die erste dann – durch eine Oeffnung kroch

ich wo hinein, – ich weiß nicht, welch ein Loch

das war, – versteckte mich und dachte

mich sicher da – doch der verdammte Kerl

von Bäcker stieß ganz über alle Maßen –

wer weiß womit – es war ein dicker Querl –

auf mich hinein, und war so ausgelassen,

daß, wenn er mir ein wenig Raum jetzt ließ,

ihm zu entfliehen und ich's wagte,

er desto härter auf mich stieß,

und mir gewalt'ge Schmerzen machte;

mein armes Näschen fühlt's mehr als zu sehr –

der Narr ward endlich doch der Possen müde,

das lange Ding zog ab und ließ mir Friede,

doch dies geschah nicht eh'r, bis es vorher

verächtlich in's Gesicht mir spuckte;[76]

ich ward fast blind, doch nun entwischt' auch ich. –

Ich, sprach die andre dann, war ganz bestürzt und duckte

im Winkel eines Schenkels mich.

Ich hielt mich da ganz stll, und sah dem tollen Spiele,

von dem du sagst, sehr ungeduldig zu,

denn während er mit seinem langen Stiele

dich so zermalmt', hatt' ich auch keine Ruh'.

Zwei Kugeln hatt' er dicht am Hintern,

die wackelten stets hin und her,

zerstießen mir – ich konnt' es nicht verhindern –

mein Näschen auch nicht weniger.


***.[77]

Quelle:
Nuditäten oder Fantasien auf der Venus-Geige. Padua [o. J.], S. 74-78.
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