CIIII.

[109] 1. Ich han die zeit wol gelebt,

war ist sie nu gefaren,

wir zwey waren liebges,

als wir bey einander waren,

wir assen und truncken,

wir hatten ein gute zier,

war ist sie nun gefaren,

ich sehe sie nimmermehr.


2. O werdes schönes liebgen,

was euch nun gebrechen,

und hat ewer bereiff,

nit trincken und von essen,

mein hertz wil mir zerbrechen,

das ich von euch scheiden mus,

mich dünckt ich bin vergessen,

es ist ein ander der mirs thut.


3. Ich hett wol dörffen wetten,

wol tausend eyd geschworen,

jhr hett kein ander lieb denn mich,

in dörffern und in stedten.

eins war ich lieb, nun bin ich worden leid,

wie möcht ewer mund gesprechen,

das ewer hertz nit meint.


4. Alle ist der rocken geraten,

er ist nicht abgesponnen,

all treibt mein lieb mit mir den spott,

sie hats nit all gewunnen,

der zeit die es viel gewunnen,

sie hat jn vor gelassen,

all scheinen sie gut von aussen,

von innen sind sie quadt.


5. Alde mein werdes liebgen,

Gott wöll euch nun bewaren,

jhr habt ein andern viel lieber denn mich,[110]

ich wil mich von euch scheiden,

und wil mein hertz vertrösten,

jhr habt ein andern lieber,

alde ich sehe euch nimmermehr.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 109-111.
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