CXV.

[128] 1. Der müller auff der nidermül,

der hat ein töchterlein das ist hübsch und fein,

sie war schön uber die massen,

Sie hat ein reuter im hertzen lieb,

es hat seinen bescheid,

von jm wolt sie nit lassen,

nit lassen.


2. Er nam sein schwert wol unter den arm,

er thet für liebes schlaffkemmerlein stahn,

schönes lieb bistu darinnen,

Wolt Gott das es möcht gesein,

der wille mein,

so wer ich bey dir darinnen,

darinnen.


3. Ach wiltu rein, du kömpst wol rein,

mein schlaffkemmerlein sol dir offen sein,[128]

mein vater ist nicht daheime,

So sitzt mein mutter und wieget das kind,

so wehet der wind,

so schlaffen wir beyde alleine,

alleine.


4. Das war der jüngste bruder gewar,

er nam das megdlein bey dem haar,

er schwang sie zu der erden,

Ist dir der teuffel in deinem haar,

zu diesem jar,

das dir kein reuter kan werden.


5. Ach bruder liebster bruder mein,

las dir die red befohlen sein,

rot lindisch wil ich dich kleiden,

Ein hübsches kleid ist dir bereit,

nach dieser freud,

ein hembdlein von brauner seiden,

ja seiden.


6. Wer ist der uns dis liedlein sang,

ein freyer hoffman ist ers genandt,

er hats frey wol gesungen,

Er hat ein feins braus (so) megdlein im hertzen lieb,

hat seinen bescheid,

von jr wolt er nit lassen,

nit lassen.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 128-129.
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