CLXVII.

[219] 1. Wach auff meins gemüts ein trösterin,

ich hab dich außerlesen,

Sie ligt mir tag und nacht im sinn,

sie führt ein lieblich wesen,

Wenn sie ist jung und wolgestalt,

nach edler art thut sie sich zieren,[219]

Sie hat mich gantz und gar in jhrem gewalt,

und thut mich stehts in freuden umbführen.


2. Brinnende lieb du heisse flamm,

wie hastu mich umbgeben,

Gleich wie der wind das heisse fewr,

ohn dich kan ich nicht leben,

Bleib stehts bey mir, als ich bey dir,

dein diener wil ich bleiben,

Ehe das ich dich schöns lieb wolt fahren lan,

ehe wolt ich die gantze welt meiden.


3. Ehe das ich dich wolt fahren lan,

ehe das ich dich wolt meiden,

Ehe müst all welt zu scheitern gan,

und solt ich darumb leiden,

Den grimmen tod, wenn es thut not,

schenck mir dein trew zu einem pfand,

Vergis nit mein du trewe keyserin,

hilff das wir nicht kommen in schanden.


4. Die weltlich schand ist also gros,

Gott helff uns uberwinden,

Seß ich der lieben in jrem schoß,

sie lacht gleich wie ein kinde,

Sie hat zwey äuglein und die sein braun,

darunter ein roten munde,

Alde schöns lieb zu guter nacht,

das wünsch ich dir zu aller stunde.


5. Wer ist der uns das liedlein sang,

von newem hat gesungen,

Das hat gethan ein junger knab,

ein hübscher und ein junger,

Er hats gemacht, gantz wol betracht,

gantz wol hat ers gesungen,

Er singets der liebsten zu der guten nacht,

ja zu jr kan er nit kommen.


Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 219-220.
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