XLI.

[35] 1. Es taget vor den osten,

der mond scheinet uberall,

Und der da heimlich bulen wil,

bulen wil,

der mus gantz frü auffstahn.


2. Und der da heimlich bulen wil,

der halt es in stetigkeit,

Der halt es mit dem wechter,

wechter,

der gibt dir ein guten bescheid.


3. Und das erhört die tausent schöne,

in jrem schlaffkemmerlein,

Sie erschrack von hertzen sehre,

sehre,

bald sich der wechter blies.[35]


4. Erschrick du nicht so sehre,

mein wunder schönes lieb,

Ich bin ein jüngling schöne,

schöne,

von hertzen hab ich dich lieb.


5. Bist du ein jüngling schöne,

und wüst ich das fürwar,

So wolt ich mein junges hertz zwingen,

zwingen,

es müste sein trawren lahn.


6. Und das erhört der wechter,

hub an ein liedlein und sang,

Ist mir in keinem jare,

jare,

kein nacht nicht worden so lang.


7. Und es ist nacht geworden,

es wird wol widerumb tag,

Es hat ein feines megdlein,

megdlein,

ein beyschlaffen zugesagt.


8. Das megdlein das ich meine,

das ist gar hübsch und fein,

Und solt ich bei jhr schlaffen,

schlaffen,

das wer der wille mein.


9. Ja solstu bey mir schlaffen,

wer das der wille dein,

Dein trawren mustu lassen,

lassen,

gantz frölich mustu seyn.


10. Wer ist der uns dis liedlein sang,

von newen gesungen hat,

Das haben gethan zween berckgesellen,

auff sanct Annenberg in der stadt.


Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 35-36.
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Die Serapionsbrüder

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Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

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