LXIX.

[66] 1. Ich reit einmal zu Braunschweig an,

da fand ich geschrieben uberall,

wie ein braunes megdelein wer.

Zu Braunschweig steht ein hohes haus,

da ich so gerne were.


2. So bald ich kam wol für das haus,

da sach das megdlein zum fenster aus,

mit jhren braun eugelin klare.

Ein solches brauns (so) megdlein mus ich haben,

es kost mir was es wölle.


3. Sie sach mich uber ein achsel an,

sie sprach du bist kein edelman,

du bist nicht meines gleichen,

Ich wil doch haben ein edelman,

ein hübschen und seuberlichen.


4. Schöns megdlein las mich ungeschmecht,

ich bin meins Guts ein freyer held,

mir wird wol meines gleichen.

Ein reicher kauffman wird wol arm,

ein armer wird wol reiche.


5. Geselle jhr solt es recht verstahn,

all wo jr wolt da solt jhr mich han,

in einem rosengarten.

Da wil ich sein die liebste dein,

da wil ich deiner warten.


6. Schöns megdlein hab ein freien mut,

ich gieng mit dir bis in den todt,

das ich deiner nimmer vergesse,

Und alles was ich auf erden hab,

das sol dein eigen werden.


7. Geselle hab ein guten mut,

unser sach wird noch wol werden gut,

las es uns nur beginnen,[67]

Wir müssen morgen ehe der tag angeht,

scheiden umb der kleffer willen.


8. Der uns dis liedlein erst erdacht,

durch lieb ist er in trawren bracht,

umb einer jungfrawen willen.

Ach möcht ich noch einmal bei jhr sein,

jhr trawren wolt ich stillen.


Lieb haben war mir offt beschert,

Geldt außgeben hat mirs erwehrt.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 66-68.
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