XCVI.

[97] 1. Vinum quae pars? verstehstu das,

ist aus latein gezogen,[97]

Ja nun gar wol, ich bin es vol,

ist war und nicht erlogen.

In dem Donat, der reiffle hat,

hab ich es offt gelesen,

quod nomen sit, es fehlt sich nit,

man trinckt jn aus den glesern.


2. Quale nomen? ich gern vernem,

kannstu mir das nit sagen?

Dulcissimum, dan umb und umb,

thut man nach diesem fragen.

Der alt scribent, Bachus genent,

hat viel darvon geschrieben,

seit ich jn liss, ist mir gewis,

kein geldt zu lang geblieben.


3. Cujus nescis, sit generis?

der edel safft von reben,

Reich mir das glas, mus trincken bas,

denn wil ich dir bescheid geben,

Neutrius est, der aller best,

wilt du die regel haben,

nomen in um, quod sit neutrum,

all grammatici sagen.


4. Nim glas zu dir, declina mir,

vinum, las gschirle sinken,

Nominativo, hoc vinum,

ist mechtig gut zu trincken.

Er lescht den durst, und machet lust,

das wir so frölich singen,

drumb nun wolan, weidlich daran,

thus einer dem andern bringen.


5. Es gilt dir ein, gar gut ichs mein,

wie hats in genitivo,

Gesegen dirs Gott, ohn allen spott,

darnach thu ich auch also.

Hujus vini, gesell ich bin,

er liebet mir im hertzen,[98]

ein guter trunck, macht alle leut jung,

vertreibt unmut und schmertzen.


6. In Dativo, huic vino,

mus ich viel lob vergehen,

Er schmecket mir wol, darumb ich werd vol,

weinsgleich hab ich gesehen,

Ist wol gefarbt, nach bester art,

accusativo, vinum,

den trinken wir, lieber denn bier,

ist minder wasser in jm.


7. Vocativo, o vinum,

was wunder thustu treiben,

Wann man dich trinckt, der ein der hinckt

auffrecht kan er nicht bleiben.

Der ander wil, sitzen beym spiel,

der drit wolt gern springen.

der vierd der ficht, der fünfft der sticht,

der sechst thut nichts denn singen.


8. Ablativo, ab hoc vino

wöllen wir auch nit weichen,

Bis in die nacht, das mans nicht acht,

das wir an wenden schleichen.

Welcher gesell, jtzt weiter wöl,

vinum aus decliniren,

pluraliter, dem bringt man her,

ein maß, drey oder viere.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 97-99.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Frau Beate und ihr Sohn

Frau Beate und ihr Sohn

Beate Heinold lebt seit dem Tode ihres Mannes allein mit ihrem Sohn Hugo in einer Villa am See und versucht, ihn vor möglichen erotischen Abenteuern abzuschirmen. Indes gibt sie selbst dem Werben des jungen Fritz, einem Schulfreund von Hugo, nach und verliert sich zwischen erotischen Wunschvorstellungen, Schuld- und Schamgefühlen.

64 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon