XCVIII.

Ein new Lied, [102] Der Bettler genandt.

1. Was wöllen wir aber heben an,

von einem reichen kargen man,

Er hat ein frewlein hübsch und fein,

vor dem beschlos er brot und wein,

das heyaho.


2. Es begab sich einmal auff ein zeit,

das der reiche karge man ausreit,

Der reich man was geritten aus,

ein bettler kam jm für das haus,

das heyaho.


3. Er bat die fraw wol umb ein gab,

durch des lieben herrn S. Claus,

Ach fraw möcht ich ein almus han,

so wolt ich darnach fürbas gahn,

das heyaho.


4. Ach bettler du bittest mich umb ein gab,

vor mir ist beschlossen wein und brot,[102]

Ich bin mein guts ein armes weib,

ich theil mit dir mein stolzen leib,

das heyaho.


5. Ich weis nit was er jr verhies,

das sie den rigel dannen sties,

Sie sties den rigel an ein eck,

und legt den bettler an jr beth,

das heyaho.


6. Die zwey lagen die lange nacht,

bis sie bescheint der helle tag,

Stand auf betler dann es ist zeit,

du ligst ein biderman beim weib,

das heyaho.


7. Er zog herfür sein bettelsack,

die stücklein waren wolgeschmack,

Seh hin mein lieb iss käß und brot,

bis das der hunger dir vergaht,

das heyaho.


8. Und da der herr zum hoff einreit,

die kellerin jm entgegenschreit,

Ach herr ich sag euch newe mär,

die frau behielt ein betler,

das heyaho.


9. Und da der herr zum haus eintrat,

lebstu noch oder bistu todt,

So leb ich noch, und bin nicht todt,

ein betler mich erfrewet hat,

das heyaho.


10. Was zog er ab dem gürtel sein,

nun seh du lieb die schlüssel dein,

Bring mir der gabe keine mehr,

fürwar du kömpst umb weibliche ehr,

das heyaho.


11. Der uns dis liedlein hat gemacht,

als unglück kam jm in den sack,[103]

Also geht es eim kargen man,

der seinem weib kein gutes gan,

das heyaho.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 102-104.
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