38.

[15] Ein bauer wurde dermassen mit zahn-schmertzen geplaget / daß er den schluß fassete / nach Siena zu gehen / und sich den schadhafften zahn ausbrechen zu lassen. Indem er aber auf dem marckte daselbst vor eines barbierers hause stehen blieb / und einen mann sehr genau ansahe / welcher eyer-kuchen verkauffete /sagte ein nicht weit darvon stehender soldate zu ihm: Sage mir / mein freund / wie viel kuchen gedachtest du zu essen? worauf der bauer antwortete: hundert. Der soldate fuhr fort / und sagte: aber wenn du sie nicht alle aufissest / was wilst du alsdenn verlohren haben? Mein herr / gab der arglistige bauer zur antwort / ich habe kein geld. Aber wenn ich sie nicht alle verzehre / so will ich leiden / daß mir ein backen-zahn aus dem munde gerissen werde. Also fieng er an zu essen / und als er an den zehenden eyer-kuchen kam / gestunde er / daß er verlohren habe. Derowegen riß ihm der barbierer den schadhafften zahn aus / wovor der soldate noch die gebühr[15] bezahlte / dergestalt / daß der bauer einen doppelten vortheil hatte.

Quelle:
Das Buch der Weisen und Narren oder kluge und einfältige reden und tworten, welche von leuten aus allerhand nationen bey verschiedenen begebenheiten entweder im ernst oder aus schertz vorgebracht worden. Leipzig 1705, S. 15-16.
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