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[173] In einem Dorffe der provintz Poitou fiel eine bauer-frau in eine grosse kranckheit / und endlich in die schlaff-sucht. Weil nun ihr mann nebst allen denen /die um sie waren / nicht anders vermeyneten / als daß sie wahrhafftig todt wäre:[173] so ließ er sie nach der gewohnheit desselben ortes in leinwand einwickeln / auf ein bret legen / weil das holtz zum sarge daselbst zu theuer / und zu grabe tragen. Alldieweil nun die träger unterweges durch einen strauch paßiren musten / und die stacheln und äste die vermeynte leiche berührten /wachte sie darvon auf / und erwiese hierdurch / daß sie noch lebendig war. Hierauf starb sie nach vierzehn jahren wieder / und als man abermals mit ihr zu gedachtem strauche kam / schrie der witwer den trägern einmal über das andere zu: Trefft nicht an den strauch / trefft nicht an den strauch. Aus beysorge / die todte frau möchte wieder lebendig werden.

Quelle:
Das Buch der Weisen und Narren oder kluge und einfältige reden und tworten, welche von leuten aus allerhand nationen bey verschiedenen begebenheiten entweder im ernst oder aus schertz vorgebracht worden. Leipzig 1705, S. 173-174.
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