Zwölfte Szene

[225] Johann, Barbara, Stolzenthaler, Josepha.


BARBARA läßt Josepha und Stolzenthaler eintreten und bleibt noch außen. Gehts nur hinein, Kinder. Es will schon finster werden, ich mach uns nur ein Licht.

JOSEPHA in teurem, aber nicht geschmackvollem Putz. Herr Johann![225]

JOHANN hinzueilend. Da bin ich, Fräuln Pepi.

JOSEPHA nimmt Hut und Tuch ab und gibt ihm beides. Da – legen S' mir's auf mein Bett!


Johann geht mit den übergebenen Gegenständen Seite links ab und kehrt gleich wieder ohne dieselben zurück.

Josepha läuft, wie sie abgelegt hat, sofort nach dem Sofa, läßt sich in den Sitz fallen und stützt den Kopf in die Hand.


STOLZENTHALER ein junger Mensch, ebenfalls ohne Geschmack geputzt, die Hand voll schwerer Ringe, eine auffallende Uhrkette, zwischen den Zähnen eine kostbare, aber sehr massive Zigarrenspitze; er lümmelt sich über den Tisch und spricht über selben zur Josepha. Weißt, Mauserl, ich kann mir schon denken, wie dir is, denn solchene, wie ich bin, rennen wenig in Wean herum. Aber nur a Einsehn und kein Flehnerei, dös vertragt unsereins net.

BARBARA kommt mit einer Lampe, die sie auf den Tisch stellt. Machen Sie's nur aus, Herr von Stolzenthaler, wann s' etwa wieder dalket war. – Wie schaust denn du aus? Du hast ja gweint.

STOLZENTHALER. Weil s' a fads Ding is, drum hab ich s' a heut früher als sonst heimgführt.

BARBARA. Was war denn wieder?

STOLZENTHALER. Na ja, Frau Mutter, alles, was recht is, es war schon a Schub! Aber ich bin a aufrichtiger Kerl, ich hab ihr's doch früher sagen müssen, eh ihr's fremde Leut zutragen. Mein Alter will mich verheiraten, und da ich ihm schon mehr zu Trutz als z' Gfallen tan hab, so hab ich da net nein sagen mögen. Is a wieder a Abwechslung, und a Abwechslung muß der Mensch habn, sonst wird 's Leben öd.

BARBARA neugierig. Wer is denn die Braut, wenn man's wissen därf?

STOLZENTHALER. Die Hutterische von daneben.

BARBARA. Die is sauber, und ihre Leut sein reich.

STOLZENTHALER. Na, mit einer andern hätt mir mein Alter a nit kommen dürfen.


Josepha weint in ihr Sacktuch.[226]


STOLZENTHALER. Da hörn S' Ihnen dös an. Es kann ja ein Menschen recht sein, daß mer ihm merken laßt, mer weiß, was er für a Mensch is, aber mit einer Handvoll davon hat man gnug, auf die Dauer wird dös langweilig.

BARBARA. Pepi!

JOSEPHA weinend. Ich laß mir's nit verbieten, von niemandem, von ihm schon gar nit, ich kann weinen, soviel ich will.

JOHANN aus Mitgefühl ebenfalls weinend. Das wird der Fräuln Pepi doch erlaubt sein?

STÖLZENTHALER. Ui jegerl, jetzt fanget noch eins zum Musiziern an, ah, da wird's mer doch zu unterhaltlich. Nimmt seinen Zylinder – Stößer – vom Tisch, drückt ihn schief auf den Kopf. Gute Nacht, Frau Mutter.


Geht, eine eben gang und gäbe Melodie pfeifend, durch die Mitte ab.


BARBARA steht bei Josepha. Gute Nacht, Herr von Stolzenthaler!


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 225-227.
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