Vierzehnte Scene.


[265] Thomas, Doktor Hammer und Fähnlein von links.


FÄHNLEIN es wird ihm schwer, mit dem Doktor Schritt zu halten. Er hat seine Hand auf dessen Rockärmel gelegt. Aber Herr Doktor, nur noch ein Wort!

HAMMER stehen bleibend, ungeduldig, doch nicht barsch im Tone. Was denn noch, Fähnlein? Zweifeln Sie an der Wahrheit der Zusicherung, die ich Ihnen eben gegeben.

FÄHNLEIN. Nein! Aber, wenn Sie alle die genannten Effekten mittels eigenhändiger Verfügung mir zugewiesen haben, so entäußern Sie sich ja derselben?

HAMMER. Wo Bargeld mangelt, sucht man doch die Schuld durch den Erlös aus den Effekten zu decken. Ist Ihnen das neu?

FÄHNLEIN mit gesteigerter Aengstlichkeit. Herr – das Ganze sieht aber eher der Verfügung eines Testators gleich – Herr Doktor, wollen mir zur Beruhigung sagen, was Sie beabsichtigen?

HAMMER. Lassen Sie das Fragen sein, Fähnlein. Wir haben nichts mehr miteinander zu schaffen. Scheiden wir also in Frieden, alter Mann. Leben Sie glücklich Und bewahren Sie mir ein gutes Angedenken. Geht rasch nach rechts ab.

FÄHNLEIN zitternd, daß er nicht von der Stelle kann. Angedenken! Herr Doktor – Lauter. Herr Doktor Hammer! Heiser schreiend. Herr Doktor Hammer!

THOMAS läßt den Kistendeckel zufallen und tritt hervor. Was hab'n S' denn mit dem Doktor Hammer?


Ueber einem Hause im Hintergrunde ist der Mond in eine dichte Wolke getreten, jetzt teilt sich diese und Mondlicht beleuchtet hell den Platz.[266]


FÄHNLEIN zeigt nach der Richtung, wohin der Genannte abgegangen. Dort – mein Doktor!

THOMAS. Hab'n eh' an der Stimm' erkannt. Ihr Doktor ist mein Bruder.

FÄHNLEIN ihn mit beiden Händen anfassend O, das ist ein glückseliges Zusammentreffen! Sie müssen ihm nach, Sie dürfen ihn nicht aus den Augen lassen!

THOMAS. Ja, wozu denn das?

FÄHNLEIN. Ich fürchte, er will sich ein Leid anthun.

THOMAS. Sein S' g'scheit?! Was könnt' 'n dazu vermög'n, ein' Mann in seiner Stellung?!

FÄHNLEIN. Er ist ruiniert.

THOMAS einen Schritt zurücktretend. Er is ruiniert?! – Ah, dann freilich muß mer ihm nach schau'n! Mit der Wendung nach dem Abgegangenen. Und brauchst etwa uns wieder, Bruder? Ich werd' da sein! Ihm nach.


Der Vorhang fällt rasch.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 10, Stuttgart 31898, S. 265-267.
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