Vierte Szene

[67] Chor. Prometheus. Pisthetairos.


PROMETHEUS vermummt, ängstlich.

Ach Gott, ach Gott, daß Zeus mich nur nicht sieht! –

Wo ist der Pisthetairos?


Pisthetairos kommt heraus.


PISTHETAIROS.

He, was soll

Der Mummenschanz?

PROMETHEUS.

Pst! Siehst du keinen Gott

Da hinter mir?

PISTHETAIROS.

Bei Zeus, ich sehe nichts!

Wer bist du?

PROMETHEUS.

Welche Zeit ist's wohl am Tag?

PISTHETAIROS.

Je nun, ich denk': ein wenig über Mittag!

Wer bist du denn?

PROMETHEUS.

Bald Feierabend? He?

PISTHETAIROS.

Nun wird mir's bald zu toll!

PROMETHEUS.

Was macht auch Zeus?

Klärt er den Himmel auf? Umwölkt er ihn?

PISTHETAIROS.

Zum Henker –

PROMETHEUS.

Nun, so will ich mich enthüllen!


Tut es.


PISTHETAIROS.

Prometheus, Teurer –

PROMETHEUS.

Schrei nicht! Mäuschenstill!

PISTHETAIROS.

Was hast du?

PROMETHEUS.

Nenne meinen Namen nicht!

Es ist mein Tod, wenn Zeus mich hier erblickt.

Nun laß dir sagen, wie's da oben steht!

Nimm hier den Sonnenschirm und halte mir

Ihn über, daß die Götter mich nicht sehn!

PISTHETAIROS.

Haha, haha!

Echt prometheïsch, sinnreich vorbedacht!


[68] Macht den Schirm auf.


So, steh da unter, sprich und fürcht' dich nicht!

PROMETHEUS.

Nun hör einmal!

PISTHETAIROS.

Ich bin ganz Ohr.

PROMETHEUS.

Mit Zeus

Ist's aus!

PISTHETAIROS.

Ist's aus? Der Tausend! Und seit wann?

PROMETHEUS.

Seitdem ihr in der Luft euch angebaut!

Den Göttern opfert keine Seele mehr

Auf Erden, und kein Dampf von fetten Schenkeln

Steigt mehr zu uns empor seit dieser Zeit.

Wir fasten, wie am Thesmophorienfest,

Kein Altar raucht, und die Barbarengötter

Schrei'n auf vor Hunger, kreischen auf illyrisch

Und drohn, den Zeus von oben zu bekriegen,

Wenn er kein Ende macht der Handelssperre

Und freie Einfuhr schafft dem Opferfleisch!

PISTHETAIROS.

Gibt's denn Barbarengötter auch bei euch

Und über euch?

PROMETHEUS.

Barbaren freilich, wie

Der Schutzpatron des Exekestides.

PISTHETAIROS.

Wie heißen die Barbarengötter denn

Mit Namen?

PROMETHEUS.

Wie? Triballen!

PISTHETAIROS.

Ich versteh':

Ihr Zorn trieb allen Göttern Angstschweiß aus!

PROMETHEUS.

So ist's! Nun aber laß noch eins dir sagen:

Gesandte kommen bald zur Unterhandlung

Hier an von Zeus und den Triballen droben!

Laßt euch nicht ein mit ihnen, wenn nicht Zeus

Das Zepter wieder abtritt an die Vögel

Und dir zum Weib die Basileia gibt.

PISTHETAIROS.

Wer ist die Basileia?[69]

PROMETHEUS.

Oh, ein Mädchen

Blitzschön, und hat zum Donnern das Geschoß

Des Zeus, die ganze Wirtschaft unter sich,

Recht, Politik, Gesetz, Vernunft, Marine,

Verleumdung, Staatsschatz, Taglohn und Besoldung!

PISTHETAIROS.

Verwaltet sie das alles?

PROMETHEUS.

Wie ich sage!

Bekommst du sie von ihm, dann hast du alles!

Drum bin ich hergekommen, dir's zu sagen:

Denn für die Menschen feurig brennt mein Herz!

PISTHETAIROS.

O ja, wir backen Fisch' an deinem Feuer.

PROMETHEUS.

Du weißt, voll Götterhaß ist meine Brust.

PISTHETAIROS.

Der Götter Haß – den hast du! Ja, du bist

Ein wahrer Timon!

PROMETHEUS.

Muß jetzt fort! Den Schirm!

Damit mich Zeus, wenn er heruntersieht,

Für einer Festkorbträg'rin Diener hält.


Ab.


PISTHETAIROS.

Nimm auch den Stuhl, als heil'ger Klappstuhlträger!

CHOR.

Nah beim Land der Schattenfüßler

Liegt ein See, wo Sokrates

Ungewaschen Geister bannt. –

Um zu schauen seinen mut'gen

Geist, der lebend ihm entwischt,

Kam Peisandros auch dahin:

Ein Kamel von einem Lamm

Bracht' er mit und stach's durchs Herz,

Trat zurück dann, wie Odysseus –

Da entstieg der Tiefe, lechzend

Nach dem Herzblut des Kameles,

– Chairephon, die Fledermaus!


Quelle:
Aristophanes: Sämtliche Komödien. Zürich 1952, Band 2, S. 67-70.
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