Sechste Szene

[76] Der Chor. Ein Bote. Später Pisthetairos mit Basileia.


BOTE tritt auf.

O überschwenglich, unaussprechlich, hoch

Beglücktes, dreimal sel'ges Vögelvolk![76]

Empfangt im Haus des Segens den Gebieter:

Er naht sich leuchtend, überstrahlend selbst

Den Sternenglast der goldumblitzten Burg,

So blendend, herrlich, daß der Sonne Lichtglanz

Vor ihm erblaßt: so naht er an der Seite

Der unaussprechlich schönen Braut und schwingt

Den Blitzstrahl, Zeus' geflügeltes Geschoß.

Ein unnennbarer Duft durchströmt des Weltalls

Urtiefen, und der Weste Hauch umfächelt

Des Weihrauchs krause Wölkchen: Sel'ges Schauspiel!

Doch sieh, da naht er selbst! – Erschließt den Mund,

Den glückweissagenden, der heil'gen Muse!

CHOR stellt sich in Parade.

Wendet euch, stellet euch, zeiget euch, neiget euch!

Schwärmet in seliger

Lust um den sel'gen Mann!


Der Zug naht sich.


Ah, welch ein Zauber, welche Schöne!

Glücksel'ges Band, das unsrer Stadt

Zum Heil du geknüpft!

Ja, großes Heil ist dem Vogelvolk

Widerfahren durch dich, o du göttlicher Mann!

So lasset mit bräutlichen Liedern uns denn

Und festlichem Jubel den Bräutigam

Und die Braut Basileia empfangen!

ERSTER HALBCHOR.

Also vermählten die Parzen einst

Mit der olympischen Hera dich,

Mächtiger Herrscher, gewaltiger,

Auf dem erhabenen Götterthron,

Unter rauschendem Hochzeitsjubel!

CHOR.

Segne sie, segne sie, Hymen!

ZWEITER HALBCHOR.

Eros lenkte, der blühende,

Goldbeschwingte, die Zügel des

Bräutlichen Wagens mit sichrer Hand,[77]

Zeus' Brautführer, des seligen,

Und der beglückten Hera!

CHOR.

Segne sie, segne sie, Hymen!

PISTHETAIROS mit Basileia auf einem Wolkenwagen.

Mich erfreuet das Lied, mich ergötzt der Gesang

Und der festliche Gruß! Doch besinget nun auch

Des ländererschütternden Donners Gewalt

Und die leuchtenden, zuckenden Blitze des Zeus

Und die Glut der zerstörenden Flammen!

CHOR.

Leuchtender, goldner, gewaltiger Flammenstrahl,

Göttliche, glühende Waffe des hehren Zeus,

Erdgrunderschütternde, krachende, regenumrauschte Gewitter,

Welche nun Er in der Hand hält!

Sein, durch dich, ist alle Gewalt nun,

Sein Basileia, das fürstliche Kind des Zeus!

Segne sie, segne sie, Hymen!

PISTHETAIROS.

Nun folgt als Hochzeitsgäste mir,

Leichtbeschwingte Brüder all',

Folgt mir zum Palast des Zeus,

Zur Vermählungslagerstatt!


Zu Basileia indem sie absteigen.


Sel'ge, gib mir nun die Hand,

Faß mich an den Flügeln, laß

Dich im Reigen schwingen und

Heben hoch empor im Tanz.


Ballett.


CHOR.

Tralala, juhe, juhe!

Heil dem Siegbekränzten, Heil,

Heil dem Götterkönig!


Quelle:
Aristophanes: Sämtliche Komödien. Zürich 1952, Band 2, S. 76-78.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Vögel
Die Wolken. Die Vögel
Die Vögel
Die Vögel
Die Wolken - Die Vögel
Die Vögel: Deutsche Textfassung. Für die neuzeitliche Bühne eingerichtet und kommentiert von Sinn, Ulrich

Buchempfehlung

Knigge, Adolph Freiherr von

Über den Umgang mit Menschen

Über den Umgang mit Menschen

»Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen.« Adolph Freiherr von Knigge

276 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon