[16] Volpino, Frau von Habicht., die Fräule.
Beyde Damen setzen sich. Volpino stellt sich in die Mitte, macht eine tiefe Verbeugung, und fängt die Erzählung an.
VOLPIN. Gnädige Dames! dieselbe ursprünglich von meiner Stande und meine Schicksal zu belehren; so versichere, daß ich von das Geburt ein Cavalier bin, und zwar von das uralte[16] Geschlecht der berühmten Marchesi d'Intrighi. Der Stammhause von dieser Geschlecht ist Italien, dermaliger Hauptsitz ist Frankreich, von da aus hat sich dieser Geschlecht in aller vier Welttheile ausgebreitet, also zwar, daß man itzt meiner Geschlecht in alle grosse Haupt- und Handelsstädte findet.
FRAU VON HABICHT. Ich kenne hierorts alle adelichen Familien; aber unter dem Namen deren Marchesen d'Intrighi ist mir keine bekannt.
VOLPIN schmeichelhaft. Um Vergeben! – Euer Gnaden was bin dann ich?
FRAU VON HABICHT. Es ist wahr – Nun weiter Herr Marchese!
VOLPIN. Ich bitte unterthänig, mir mit meiner Geschlechtsname noch zu verschonen.
FRAU VON HABICHT. Es soll nicht mehr geschehen. – Nun weiter, Herr Volpino.
VOLPIN. Ich bin begütert in Korsika, hielt mich aber meistens in Genua auf. Da gerieth ich mit andere Kavaliers in der Faraospiel. Ich machte der Tailleur, und hielt der Banque: da war mir die Glück überaus günstig. Ich sah meiner Banque von die Geld der Pointeurs reichlich anwachsen. Ein Kavalier, der bey meine Glück am übelste daran war, beschuldigte mich von einer Betrug in der Spiel. Wir kamen von das Wortwechsel auf Vorwürfer, und dann auf Thätigkeiten. Er gab mich einer Ohrfeige, und[17] ich – ich – unglückselig – erstach ihn auf der Stelle,
FRAU VON HABICHT mit einem Geschrey. Himmel!
FRÄULE mit einem Geschrey. Hölle!
Sie schweigen auf eine kleine Weile alle drey still, und zeigen sich betroffen.
FRAU VON HABICHT. Ach! was thut man nicht in der ersten Rage!
FRÄULE. Unglückseliger Volpin! was geschah hernach?
VOLPIN. Ich entfloh durch das Begünstigung der Nacht, in die Haus von einer Rauchfangkehrer; er hielt mir durch etwelche Tage in seine Haus verborgen; ich kaufte da von seiner Geselle der hieß Volpino die Lehrbriefer, seine Kleider und das Werkzeuge, und setzte unter seiner Name, und dieses Mascara meiner Person, und meine Leben in Sicherheit, und reisete in der Deutschland.
FRÄULE. Wie steht es aber itzt mit seinen Gütern in Korsika?
VOLPIN. Der Obrigkeit hat selbe an sich gezogen.
FRAU VON HABICHT. Für eine prima Furia ist diese Strafe zu übertrieben. Sie nimmt Volpino auf die Seite: ganz leise. Lieber Marthes! suchen Sie ihre Sache wieder gut zu machen: 1000 Dukaten will ich dazu herschiessen.
Volpin. Macht eine tiefe Verbeugung, und bleibt tiefsinnig stehen.
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FRÄULE abseits, mit einer bedeutenden Mine. Ha Nannette! merkst du was? Sie geht auf den Volpino zu, nimmt ihn auf die Seite, und sagt ihm leise. Marches! suchen Sie Ihren Fall wieder gut zu machen, wenn es 2000 Dukaten kostet, so bin ich Zahlerinn.
Volpin. Macht eine tiefe Verbeugung, und bleibt tiefsinnig stehen.
FRAU VON HABICHT zur Fräule. Nannette, Sie sind keinen Augenblick sicher, daß nicht Ihr Lieb haber, der Herr von Wolf eintritt.
FRÄULE zur Frau von Habicht lachend. Kömmt Herr von Bär, der künftige Gemahl der Mama, nicht mit?
FRAU VON HABICHT ihren Zorn zurückhaltend. Was wird also mit Ihren Gütern in Korsika geschehen?
VOLPIN. Euer Gnaden! ich habe einer sehr reicher Oheim in Korsika, dieser hat meiner Processe über sich genommen, ich erwarte alle Augenblicker ein erfreulicher Briese.
FRÄULE. Sie erlauben Marches! daß ich davon den vergnügtesten Antheil nehme.
Volpin. Macht eine Verbengung.
FRAU VON HABICHT aufgebracht. Aber Nannette! Sie vergessen, daß er sich den Namen seines Standes verbeten hat.
FRÄULE hönisch. Ja! nur vor andern Leuten.
FRAU VON HABICHT läßt ihre Aergerniß und Eifersucht gegen die Fräule merken, und geht, die Thüren zu eröfnen; ruft sehr heftig. Johann! – Johann![19]
VOLPIN abseits, leise. Meiner Rolle spielt sich unvergleichlich.