[105] Meister Tomaso, Volpino und die Vorigen, hernach die Köchinn, der Bediente und die Stubenmagd, zuletzt die Rauchfangkehrersgesellen und Lehrjungen.
Volpino folget dem Meister Tomaso schleichend, und ganz niedergebeugt.
FRAU VON HABICHT. Mein Volpino!
FRÄULE. Bester Volpino!
HERR VON BÄR. Lieber Volpino!
HERR VON WOLF. Guter Volpino!
Alle laufen auf Volpino zu, und umringen ihn; Tomaso stellt sich, ihn zu befreyen.
TOMASO. He! was ist das? – Zerreissen und fressen Sie meinen Volpino nicht.
VOLPIN. Förchten Sie nichts Herr Meister! sind Sie lauter einheimische Wölfe und Bären,
HERR VON WOLF. Richtig. – Er ist selbst eine solche Bestie, die zu prellen wäre.
VOLPIN. Gnädige Herren! jetzt aller Spaß auf die Seiter. Ich bin hier, beeden Damen meiner Marchesato zu Füssen zu legen; Sie perdono zu bitten, und mich in Ihrer Gnade unterthänigst zu empfehlen.[105]
FRAU VON HABICHT. Ich verzeihe dem Marchesen d'Intrighi und bin dem Herrn Volpin für seine wohlthätig und gut gerathene Ränke Lebenslang verbunden.
FRÄULE. Ich vergebe dem Herrn Volpino; allein mit dem Bedinge, daß er mein Sprach- und Singmeister bleibe.
HERR VON WOLF. Mein Schatz! das soll er seyn; aber auch unser beständiger Hausfreund.
TOMASO. Es geht noch jemand ab.
FRAU VON HABICHT. Wer denn?
TOMASO. Die Lisel die Köchinn.
HERR VON BÄR. Ist wahr, die Jungfer Braut von dem Volpin.
FRAU VON HABICHT. Was höre ich?
VOLPIN. Ja Euer Gnaden! – Schon heute in der Frühe haben wir der Versprechen in der Kuchel gehabt. Er läuft in die Kuchel und bringt seine Lisel.
FRAU VON HABICHT. Ich gratulire Beeden. – Ich werde ihr eine Haussteuer geben.
FRÄULE. Ich gratulire gleichfalls, von mir soll sie auch eine haben.
Es kömmt Johann mit der Fränzl.
FRAU VON HABICHT. Was wollt ihr?
JOHANN. Die Erlaubniß zu heyrathen.
HERR VON BÄR. Euer Gnaden! ich bitte für sie!
FRAU VON HABICHT. Ich gebe auf Ihr Fürwort meine Einwilligung.[106]
HERR VON WOLF. Johann! wie heißt sein Zuname?
JOHANN. Dachs.
HERR VON BÄR. Das ist der Kerl in Natura.
FRAU VON HABICHT. Aber Volpin! – wer gab ihm den Stof zu diesem verschmitzten Unternehmen?
VOLPIN. La Testa mia – e poi, die geschwätziger Dienstbother von Euer Gnaden.
FRAU VON HABICHT. Wieder ein Beweis, daß sie die unentbehrlichen Verräther ihrer Herrschaften sind.
TOMASO. Nun erfahre ich, daß auch närrische Träume wahr werden. – Mir traumte die verwichene Nacht, daß ich bey dem Versprechen einer ganzen Wildbahne den Beystand abgeben mußte; da nun dieser Traum, den Namen nach, hier zutrift, so wünsche ich den mir schätzbaresten wildbahnischen Hochzeitern, daß Sie von den par Force Jägern, ich will sagen, von jenen Leidenschaften, die den Ehestand zu kränken pflegen, niemals beunruhiget, noch weniger aber verfolget werden. – Ich bitte noch um eine kleine Geduld. Er geht, die Kuchelthüre zu eröfnen, und ruft seine Leute, die Paar und Paar erscheinen, und sich in Ordnung stellen. Kommet ihr Leute! – stellet euch in Ordnung – habt Acht! – Singet zu Ehren dieser angehenden Hochzeitern, und zum Beschluß dieser Handlung mir folgendes Lied nach: Meister Tomaso singt eine Strophe vor, und die Gesellen singen ihm nach.
[107] Schlußlied von Tomaso.
1.
Es leben die Frauen! es leben die Herren!
Im Frieden, in Freuden, nach ihrem Begehren;
Das Schicksal soll Ihnen die Jahre gewähren,
Bis sich Ihrer Enkeln Kindskinder vermehren.
2.
Drum lustig ihr Dachsen! Füchs, Wölfe und Bären,
Sprecht Hohn allen Jägern, Wildschützen und Herren,
Die euere Raeen einst wollen verheeren,
Und euch liebe Vieher mit Freuden zerstöhren.
CHOR von allen.
A Dio! wir gehn, es ist nichts mehr zu hören.
Ende des Singspiels.
[108]
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