Erster Auftritt.

[39] Lisette. Der Verwalter. Zween Bediente, die einen Tisch bringen.


VERWALTER. Nahmen Sie aber die holländischen Koffetücher, Jungfer Lisette?

LISETTE. Die schönsten, die wir haben.

VERWALTER. Die gnädige Frau empfahl mirs nachdrucksamst.

LISETTE. Natürlich! es wär' ein Hauptfehler, wenn heute nicht alle ihre Schönheiten an das Tagslicht kämen. Zu den Bedienten. Hieher den Tisch.


Der Tisch wird in einer Entfernung von etlichen Schritten von dem andern Tische gesetzt: Lisette breitet ein Koffetuch darüber; das andere läßt sie einen Bedienten auflegen.


VERWALTER. Ha, beym Geyer! das sind wirklich schöne Koffetücher!

LISETTE. Das glaub ich wohl; die ganze holländische Flotte drauf! – Graf Blumenkranz muß sie schön finden, er mag wollen oder nicht. – Werden sie denn bald aufstehen von der Tafel?[39]

VERWALTER. Man hat schon das Dessert aufgetragen.

LISETTE. Nun die Koffetassen geholt! sie gehören dorthin – die Rosoligläser hieher. Die Bedienten gehen ab, und bringen das Befohlene auf die zween Tische.

VERWALTER zu den abgebenden Bedienten. Auch muß man des Majors Schäcken anspannen lassen. Zur Lisette. Graf Reitbahn wird sogleich wegfahren.

LISETTE. Ich weiß es: er probirt die Schäcken. – Aber sagen Sie mir, Herr Verwalter oder Interimshofmeister: wie geht es zu an der Tafel?

VERWALTER. Unter uns gesagt! recht bunt, meine liebe Lisette. Unser Fräulein, däucht mich, hat sich nicht am besten nach dem Sinne der Frau Mama aufgeführt.

LISETTE. Wie so?

VERWALTER. Sie sitzt zwischen dem Major und ihrem Bräutigam; und der Major hört wohl eher hundert Worte von ihr, als der Bräutigam Eines.

LISETTE. O weh! und wie bezeigt sich dieser dabey?

VERWALTER. Zum Glück war er immerfort in die eifrigsten Diskurse vom Reiten und Fahren, und besonders von des Majors Postzuge vertieft. Aber die Baroninn schnitt zuweilen saure Gesichter.

LISETTE. Brach aber doch nicht los?

VERWALTER. Nein! denn Graf Blumenkranz machte ihr von einer andern Seite noch mehr Verdruß.

LISETTE. Wodurch denn der charmante Blumenkranz, den sie so sehr erhebt?

VERWALTER. Er wollte ihr nichts, gar nichts loben. Er fragte sie gleich Anfangs, ob sie einen französischen Koch habe; und sobald er ein langsames Nein aus ihr erpreßt hatte, wollt' ihm durchaus nichts mehr schmecken.[40]

LISETTE. Das ist affektirt! die Kocherey war heute gewiß nicht übel.

VERWALTER. Sie wissen, daß ich wegen der stinkenden Stalljungen, die aufwarten mußten, vor dem Essen Rauch machen ließ?

LISETTE. Nu?

VERWALTER. Graf Blumenkranz kann keinen Weihrauch riechen. Mit einem eau de lavande Fläschchen an der Nase, versicherte er der Gesellschaft, er sey nie mehr als heute von der Stärke seines Naturels überzeugt worden, weil er bey allen dem abscheulichen Geruche nicht in Ohnmacht gefallen.

LISETTE. O Himmel! und wurd' über diese Versicherung nicht die Baroninn ohnmächtig?

VERWALTER. Ich weiß nicht, ob sie es recht verstand. Sie war eben mit einer Ordre an die Musik beschäftigt. Und diese Musik – es ist zum lachen – mit der Hälfte des ersten Menuets mußte sie aufhören.

LISETTE. Darum hörte ich nichts davon.

VERWALTER. Graf Blumenkranz bath um alles in der Welt, man möchte wenigstens seiner Ohren schonen, da schon seine Nase auf viele Wochen verdorben sey.

LISETTE. Wie? und die Baroninn zog noch nicht auf ihn los?

VERWALTER. Sie hatte Lust; aber der Graf fand Mittel, durch zwey, drey französische Wörtchen ihren Zorn zu entwaffnen.

LISETTE. Und was unternahm denn der Herr Baron bey allen diesen Umständen?

VERWALTER. Unter uns gesagt! er trank wacker darauf los, und bekümmerte sich um nichts. Bisweilen erzählte er etwas von der Vortrefflichkeit der ungarischen Windhunde: allein es gab ihm kein Mensch Antwort, als einigemal der Major. Am End' aber, da man das Dessert[41] auftrug, fieng er an lustig zu werden – denn betrunken ist er heute doch nicht – und da mußte die ganze Gesellschaft mit ihm Brüderschaft trinken.

LISETTE. Das hätt ich vorher sagen können.

VERWALTER. Nun wissen Sie genug, Lisette. Ich muß wieder zurück, sonst möchte mich die Herrschaft vermissen. Im Abgehen zum Notarius, der eben kömmt. Gehorsamster Diener, Herr Notarius!


Quelle:
Cornelius von Ayrenhoff: Sämmtliche Werke. Band 3, Wien 1802, S. 39-42.
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