Neunter Auftritt.

[55] Der Baron und der Major.


BARON. Es ist mir recht lieb, daß sie uns allein lassen. Armer Major! Du bist noch immer traurig! steckt dir noch das Mädchen im Kopfe?

MAJOR. Ach Herr Baron! ich werde sie nie vergessen. Soll ich nicht traurig seyn – erwägen Sie! ich liebe mit aller Zärtlichkeit, deren ein menschliches Herz fähig ist; ich finde auch das Fräulein gegen meine Liebe empfindlich – noch mehr, ihr redlicher Vater tadelt unsere[55] Liebe nicht – und doch muß ich sie in die Arme eines Andern übergehen lassen, der weder die Größe seines Glückes, noch die Verdienste ihrer Tochter zu schätzen weiß.

BARON. Das ist alles wahr, mein lieber Major; allein da es nicht mehr zu ändern ist, warum willst du dich kümmern? An mir ist die Schuld nicht. Ich sagte dir schon, daß ich das Mädchen lieber Dir gegeben hätte, als dem Reitbahn. Reitbahn ist zwar eine gute Parthie; aber auch en Erznarr, der auch sein Weib zur Närrinn machen wird; wenn er ihr nicht gar einmal im Spatzierenfahren den Hals bricht. Es wäre mir also hundertmal lieber, wenn sie Dein Weib würde. Ich weiß, daß du ein braver Kerl bist, der bey der Armee in Achtung steht. Zu leben würdet ihr auch haben; ich geb' ihr doch jährlich 4000 Gulden, und damit würdet ihr gewiß auslangen. Sterb ich einmal so kriegt sie mein ganzes Vermögen, das, wie du weißt, nicht klein ist. Meine Herrschaft ist nicht schlecht: sie wirft mir 12000 Gulden ab; und man kann sich auch divertiren. Die kleine Jagd hat Niemand im ganzen Lande schöner als ich – ich schieße auch des Jahrs meine fünf, sechs Hirsche, und eben so viel Säue. Aber was nützt alles das? es ist zu spät; und Du, als ein kluger Mann, solltest dir Dinge aus dem Kopfe schlagen, die nicht mehr möglich sind. Auf! lustig Major! es gibt noch mehr Mädchen in der Welt; trink einmal! – auf die Gesundheit aller hübschen Mädchen!

MAJOR. O mein lieber Herr Baron! – mein Gemüth ist –

BARON. Was, Herr Baron? hast du schon vergessen – die Bruderschaft? – Zur Strafe trink sie noch einmal! – allons![56]

MAJOR. Recht gern mein lieber Forstheim! wenn es mir wirklich schaden sollte. Sie trinken.

BARON. Dieser Rosoli schadet nicht. Du mußt wissen, daß ich nicht jedem davon gebe. Er ist schwer zu haben. Er kömmt aus Pohlen.

MAJOR. Es wird Danziger seyn.

BARON. Nicht Danziger. Bologna steht auf den Flaschen.

MAJOR. Bologneser also: der kömmt aus Italien.

BARON. Das kann auch seyn. Sey nur gutes Muths! Ein Weib bekömmst du noch immer. Und – apropos! – ich selbst weiß eine – der Geyer hole mich, die wäre für dich, – eine Verwandte und Pupille von mir; ein sehr reiches Mädchen – Geduld! da läßt sich etwas thun – sie hat die Offiziers vor ihrem Leben lieb. Nach Dir greift sie mit beyden Händen.

MAJOR. Nein, mein lieber Forstheim! da ich deine Tochter nicht bekomme, ist für mich kein Weib in der Welt.

BARON. Armer Teufel! so wirst du wohl als Junggeselle sterben. Doch – wer weiß? – wenn sich der Reitbahn bald den Hals brechen wollte; ich gebe dir mein Wort, die Lenorl soll dein werden. Das ist alles was ich noch kann.

MAJOR. Ich danke dir lieber Forstheim! bey allem meinen Unglücke, werd' ich dir für deine freundschaftlichen Gesinnungen ewig dankbar seyn.

BARON. Das brauchst du nicht. Ich habe alle Offiziers gern, und dich lieber als alle andern. Ich habe selbst gedient, und weiß, was ein Offizier ist.

MAJOR. Du hast beym Militär gedient?

BARON. Das weißt du nicht? Parbleu! ich war acht Jahre Fähndrich – und wär es gewiß noch länger geblieben, wenn man mir nicht Verdruß gemacht hätte.[57]

MAJOR. Welchen Verdruß?

BARON. Ha! ich schoß einmal, auf dem Marsch, im landesfürstlichen Gehäge, einen Sechzehner. Die Teufels Jäger verklagten mich darüber beym Obersten, und der setzte mich in Arrest. Das Ding verdroß mich, und ich quittirte den folgenden Tag. Ich wäre wohl ein Narr gewesen, wenn ich das nicht gethan hätte. Hier schieß ich ungestört, was mir vor die Flinte kömmt. Und wenn mir ein hundertjähriger Kronhirsch aus dem Landesfürstlichen herüber wechselt, so brenn' ich ihn nieder.

MAJOR. Davon wußt ich kein Wort. Recht, mein lieber Forstheim, daß du quittirt hast! Zum Commando einer Armee würdest du doch schwerlich gelanget seyn.

BARON. Hum! wer weiß? – nach meiner Rechnung ...

MAJOR. Und gesetzt, du commandirtest unglücklich? dann würd' es vielleicht für dich und den Staat besser seyn, wenn du nie ...

BARON. Das ist auch wahr. Ich bin mit meinem Schicksal zufrieden; sey Du es nur auch! – Komm, wir wollen sehen, was der Hasenfuß, der Blumenkranz macht. Mein närrischer Schwiegersohn muß wohl auch bald mit deinen Pferden zurückkommen. Mach' ihm ein wenig Galle, und schwätze brav mit der Lenorl!

MAOR. O mein theurer Freund! wie wenig dienen solche Mittel, mein niedergeschlagenes Herz aufzurichten.

BARON im Abgehen. Holla! Lisette kömmt. Lisette! heb mir die Flasche auf!


Quelle:
Cornelius von Ayrenhoff: Sämmtliche Werke. Band 3, Wien 1802, S. 55-58.
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