[2203] Kommen Engelbrecht vnd Sidea, die sagt.
Ich hoff, wir solln dem Vatter mein
Nun mehr meinsts theils entrannen sein,
Iedoch bin ich so müd von gehn,
Wenn ich michs gleich wolt vnterstehn
Vnd leg mir leib vnd leben dran,
Iedoch nit weiters ich gehn kan.
Ach weh! wer ich daheimen blieben!
Die brinnet Lieb hat mich getrieben,
Das ich mich gab in solch gefehr.
ENGELBRECHT sagt.
Ach last euch sein die sach nit schwer!
Wann jhr nicht weiters künd zu fuß,
Mau euch zu Kutschen führen muß.
Wart mein alhie, bis ich zu rück
Euch wider ein Kutschen rauß schick
Mit Knechten, die sollen euch holn![2203]
SIDEA sagt.
Von meim Vatter hab ich mich gstoln.
Meint jhr, vnd das er es vnderlaß,
Mir nicht nach forsch auff alle straß?
Vnd wenn er mich hie finden thet,
Ich euch das letzt mal gsehen hett
Vnd müst sterben vor seim angsicht.
ENGELBRECHT sagt.
Ey, das wölln ja die Götter nicht!
Das euch eur Vatter nicht mehr find,
Ir auff den Baum nauff sitzen künd:
Darunder laufft er sechs mal für,
Eh vnd wann er euch da auß spür.
Darzu bleibt jhr alhie nit lang.
SIDEA sagt.
Ach wie ist mir so angst vnd bang!
Dann ich fürcht, jhr vergesset mein
ENGELBRECHT sagt.
Ach hertzLieb, last das sorgen sein!
Ich verheiß euch mein treu vnd ehr.
Die vergiß ich mein tag nit mehr.
Er hebt sie auff den Baum; sie sagt.
Ich hoff, ich will da sicher sein.
Doch bitt ich euch: vergest nit mein!
ENGELBRECHT sagt.
Ey, was sol das vergessens vil?
Als balt ich euch da holen wil.
Er geht ab. Die Jungfrau sitzt auff den Baum vnd sagt kläglich.
Ach, solt mich der Fürst setzen an,
Dem ich hab so vil guts gethan,
So wolt ich jetzt vnd all mein tag
Vber jhn schreyen straff vnd rach.
Kompt Finelia, des Schusters Weib, will wasser holn, tregt[2204] ein Krug vnd sagt.
Alhie in dieser armen Stadt
Es kein guten trinckBrunnen hat,
Müssen das trinckwasser weit holn.
Mein Mann mir daheim hat befohln,
Ich solt eillend ein wasser bringen.
Wasser macht weder Tantzen noch springen,
Darumb ich bath vnd haben wolt,
Das er ein Bier doch kauffen solt,
So ist der Narr so karck vnd gnau.
Sie geht zum Brunnen, als woll sie eins schöpffen, vnd sagt.
Ey, ey, jetzund ich mich beschau
Auß dem schatten in dem Brunnen.
Sie wirfft den Krug nider, schwantzt auff der Brücken rumb vnd sagt.
Meins gleichen nicht alhie wird gfunnen
Ein außbündig schön Creatur.
Was hab ich mich geziehen nur,
Das ich hab gnommen den Pechpatzen,
Den heßlichen vngschaffnen Fratzen?
Nun will ich bey jhm nicht mehr leben,
Sonder mich strachs gen Hof begeben.
Sie geht ab. Ela, die BauernMagd, geht ein mit einem geschirr, Wasser zu holen, kommt zum Brunnen, will einschöpffen, sieht den schatten vnd sagt.
Nicht gnug kan ich verwundern mich,
Ietzt, so ich meinen schatten sich,
Befind ich, wie ich so schön bin.
Ey ey, wo hab ich nur dacht hin,
Das ich vermeint, den Müller zu nemen?
Ich wolt michs in mein hertz nein schemen,
Ob ich schon hab ein Eyssen abgrendt.
Iedoch vil Leut in der Welt sendt,
Die es nicht wissen oder schmecken.
Vnd ich solt mich zu jhm verstecken?
O nein, ich mag den Müller nimmer.[2205]
Ich will gehn Hof ins Frauenzimmer.
Sie wirfft jhr Gefäß auch hin vnd geht gar stoltz ab.
JAHN MOLITOR geht ein vnd sagt.
Mein Herr thut grausam schwermen vnd fluchen,
Ich soll sein Tochter wider suchen;
Weil ich nicht recht auff sie thet sehen,
Thet mich lestern, sehenden vnd schmehen.
Ja er thet mirs vnters gsicht sagen,
Find ichs nicht, wolt er mich erschlagen.
Ich hin den gantzen Wald durchloffen,
Hab nichts gefressen noch gesoffen,
Vnd brennd so mechtig heiß die Sunnen.
Schau! da vnten hats ein schön Brunnen,
Da will ich mich ein wenig laben.
Er geht zum Brunnen, sicht nein, steht wider auff, sicht auff den Baum vnd sagt.
Vor dem schatten bin ich erschrocken.
Wie tregt der Baum die schönsten Docken!
Ach wie der aller glücklichst Brunnen,
Weil ich da nah die Jungkfrau gfunnen!
Nun will ich gehn sagen meim Herrn,
Der wird sie gar bald holn wern.
Jahn geht ab.
SIDEA sagt auff dem Baumen kleglich.
Ach wehe! wo soll ich nun hinauß?
Mein hertzliebster bleibt zu lang auß
Vnd ich bin durch des Wassers schatten
Dem Jahn Molitor schon verrahten
Vnd er wirds sagen dem Vatter mein.
Ach weh deß jammers vnd der pein!
Nun steh ich hie in neuer gfahr.
Engelbrecht hat mein vergessen gar.
Ach jammer! weh! wo soll ich hin?
Das aller elendst Mensch ich bin,
Das nicht auff dieser Welt kan leben.
Ach wie thu ich in hertzleid schweben!
O jammer, weh! ich hör schon Leut.[2206]
DIETERICH, DER SCHUSTER geht ein vnd spricht.
Ich weiß nicht, was es doch bedeut.
Meiner Frauen hat ich befohln,
Das sie mir soll ein Wasser holn;
So kompt sie heimb so vnbesunnen,
Sagt, sie hab gsehen in dem Brunnen,
Wie sie sey so ein schönes Weib,
Darumb sie nicht mehr bey mir bleib,
Sonder will kommen ins Frauenzimmer.
So kan ich den durst leiden nimmer,
Denn, will ich nicht vor durst versincken,
Muß ich mir selbst holen zu Trincken.
Darneben will ich auch beschauen,
Was so närrisch hab gmacht mein Frauen.
Er geht zum Brunnen, schöpfft Wasser vnd sagt.
Der Brunnen gibt von sich ein schein.
Ein schönes Weibsbild muß da sein
Vnd hie vber dem Brunnen sitzen.
Er siecht sich vmb, ersicht die Sidea vnd sagt.
Ja ich habs schon ersehen jetzen.
Ach zarte Jungfrau, saget mir!
Was machet auff dem Baumen jhr?
Wem steht jhr zu? wo kompt jhr her?
SIDEA hebt die Hend auff vnd sagt.
Ach guter Freund, ich bitt euch sehr,
Ihr wollet mir doch helffen wider,
Das ich komb von dem Baum hernider,
Vnd beherbrigt mich nur zwen tag,
Das ich ein weng außruhen mag
Vnd entgeh meim Feind auß den henden!
Helft jhr mir das vnglück abwenden,
Ich will euch geben reichen lohn.
DIETERICH, DER SCHUSTER hebt sie von dem Baumen vnd sagt.
Ey ja, das will ich gerne thon.
Iedoch es geht bey mir schlecht zu.[2207]
SIDEA sagt.
Drinnen ich euch als sagen thu,
Wie ich bin leider kommen her,
Dann ich furcht mich sehr, das ich wer
Gefangen, wenn ich lang hie stehe;
So kern ich in jammer vnd wehe.
Sie gehn mit einander ab. Kompt Ludolff, der Fürst, vnd sagt.
Alhie wart ich auff meinen Geist.
Wenn mir der nicht mein Tochter weist,
So ists mit dem Müllner verlorn.
Vnd sey jhm dann ein Eyd geschworn,
Er muß sterben von meiner band.
Ietzt macht Ludolff mit seinem stab ein kreiß; so springt Runcifall herauß.
LUDOLFF sagt.
Runcifall, mach du mir bekannt!
Wo ist mein Tochter kommen hin?
Auff dich ich hart erzörnet bin,
Das du sie hast glassen davon
Vnd mir solches nicht zeiget an.
Runcifall deut, er hab kein schuld daran, er künne nicht reden.
LUDOLFF sagt.
Wie stellstu dich? bald red mit mir!
Runcifall deut, er könns nicht.
LUDOLFF sagt.
Er ist verzaubert, das merck ich schir.
Er schlegt den Teuffel mit dem stab auffs maul.
RUNCIFALL sagt.
Dein Tochter hat den Fürsten gnommen
Vnd ich bin eben darzu kommen
Vnd hab dir dasselb wöllen sagen,
So hat sie mich auffs maul geschlagen,
Das mir mein Zung verstummen thet,
Vnd hab seither kein wort mehr gredt.
Wie hab ich dirs dann sagen können?
Alsdann theten sie dir entdrinnen
Vnd ziehen zu seim Vatter hin.
LUDOLFF sagt kleglich.[2208]
Nun ich erst gar verdorben bin.
Find sie mein Jahn Molitor nit,
So hat mein hertz nimmer kein frid.
In dem gehet Jahn Molitor ein, hat ein Drümmelein vnd Pfeiffen, er pfeifft. Der Teuffel hebt an zu Tantzen.
LUDOLFFUS sagt.
Jahn, weil du Pfeiffst vnd lustig bist,
So sag mir, wo mein Tochter ist!
JAHN sagt.
Eur Tochter?
Er Pfeifft wider vnd Drummelt.
LUDOLFF sagt.
Ja, meine Tochter; wo ist sie?
JAHN MOLITOR.
Ich hab gar wol gesehen die.
Jahn Pfeifft vnd Drummelt wider, so tantzt allweg der Teuffel.
LUDOLFF sagt.
Wo hastu sie gsehen? zeig an!
JAHN MOLITOR sagt.
Ich sah sie
Er Pfeifft wider, dann sagt er.
Auff eim Baumen stabil.
LUDOLFF sagt zornig.
Hör auff deins Pfeiffens! sag darfür
Von meiner lieben Tochter mir!
Jahn Pfeifft vnnd Drummelt. Der Teuffel Tantzt, lauffen etliche Teuffel rauß, die alle Tantzen. Endtlich hört Jahn Molitor auff.
LUDOLFF sagt.
Ich glaub, du seyst gar töricht worn,
Daß du thust so grausam rumorn.
Ihr Geister, ziecht eurs wegs bald fort
Vnd du sag mir bald mit eim wort,
Wo du mein Tochter gsehen hast!
JAHN MOLITOR sagt.[2209]
Sie sitzt dort auff eins Baumens ast
Zu allernechsten bey dem Brunnen,
Vnd weil ich sie hab wider gfunnen,
Bin ich erfreuet worden hoch.
Kompt her! wir wollens finden noch.
Ich zwar hett sie gesehen nit,
Der schattn im Brunnen sie verrieht,
Als ich eben da trincken wolt.
LUDOLFF sagt.
Ach das ichs wider kriegen solt!
Drumb geh bald fort thu dich nicht bsinnen!
Hilff mir wider mein Tochter finnen!
Sie gehn ab. Kompt Dietrich, der Schuster, mit seiner Frauen.
DIETRICH sagt.
Finelia mein, sag doch mir,
Was hastu eingebildet dir,
Das du mir kein gut mehr wilt than?
FINELIA sagt.
Mich reuts, das ich dich gnommen han,
Vnd darzu, das ich bey dir bleib.
Ich bin ein herrlichs schönes Weib,
Dergleich keine ist in der Statt.
DIETRICH sagt.
Sag, wer dir solches gsaget hat!
Der hat dich übel überredt.
FINELIA sagt.
Der Widerschein mins sagen thet,
Welchen ich durch den Schein der Sunnen
Hab auß dem Wasser in dem Brunnen
Besser gesehen, als zuvor nie.
DIETRICH sagt.
So komb mit mir zum Brunnen vnd sih,
Ob du nicht seist betrogen worn!
FINELIA geht mit jhm zum Brunnen, sicht hinein vnd sagt.[2210]
Mein vorige gstalt hab ich verlorn.
Also, wie ich jetzunder sich,
Kan ich gar nicht verwechßln mich
Vnd ich bin dir kaum gut genug.
Aber da ich zerwarff den Krug,
Da wart ich also zart vnd schön,
Wie die Jungkfrauen zu Hof hergehn.
Deßmal daucht ich mich dir zu gut.
DIETRICH sagt.
Mein Finelia, sey gemuht!
Schau! dorten dritt ein Jungkfrau rein,
Die gab in Brunnen diesen schein,
Die ich fand sitzen auff dem Baum.
Dein schön war ein erdichter traum,
Dann dein schön taug zu der gar nit.
SIDEA geht ein vnd sagt.
Mein Meister Schuster, es ist mein bitt,
Ihr wolt euch willig lassen finnen,
Mir eurs Weibs kleider vergünnen,
Das ichs anleg auff der Strassen,
Vnd wolt sie mit mir gehn lassen,
Das sie trag meine kleider mir!
Reichlich will ichs belohnen jhr,
Dann ich je nicht weiter beger,
Als das ans Fürsten Hof ich wer.
Ich will sie balt schicken zu rück.
DIETERICH sagt.
Das als soll sein, darzu mit glück
Wölln euch die Götter beleiten!
Vnd das wir mit bessern freüden
Balt wider zammen kommen mügen,
Das wöllen alle Götter füegen.
Sie gehn alle ab. Kompt Ludolff, der Fürst, mit Jahn Molitor.
JAHN sagt.
Auff diesem Baum ob diesem Brunnen[2211]
Hab ich eur Gnaden Tochter gfunnen,
Sie ist aber jetzt nicht mehr do.
LUDOLFF, DER FÜRST sagt.
Deins findens bin ich so nicht fro.
Such sie, wo sie wird sein hinkommen!
Du solst sie haben mit dir gnommen
Vnd sie mit dir heim haben bracht.
JAHN MOLITOR sagt.
Vor freud hab ich daran nicht dacht,
Vermeint, wenn eur Gnad selbst kemen
Vnd die Jungkfrau vom Baum nemen,
So wer es vil ein grössre freud.
LUDOLFF schlegt jhn mit dem stab vnd sagt.
Was ist aber jetzt für ein Leit?
Du vnbesunner grober knopff,
Du bist ein einfeltiger tropff
Vnd gar ein einfeltiges Kalb.
Was du solst thun, thustu nicht halb.
Das mustu zahlen mit der häut.
RUNCIFALL, DER TEUFFEL laufft ein vnd sagt.
Es ist vergebens, was jhr streit.
Ich bin jhr allenthalb nach zogen.
Wir sind durch list von jhr betrogen.
Sie zieht zum Fürsten von Wiltau.
Da wird sie deß Engelbrechts Frau.
Darumb last eur nachfolgen bleiben!
LUDOLFF sagt.
Mein vnglück ist nicht zu beschreiben,
Ietzt komb ich in mehr leids vnd schaden.
Ich bin verkauft vnd auch verrahten,
Weis nicht, wie ich mein sach anfang.
Darumb last vns nicht warten lang,
Sondern hinein gehn in mein höln![2212]
Allda wir still abreden wölln,
Wie ich mög meine sach anstelln.
Abgang jhr aller.
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