Actus quintus.

[1263] MEDEA geht mit Lucifer ein vnd sagt.

O Lucifer, nun sey verbandt!

Daß ich inn solchem spott vnd schand

Inn dem Land zieh herumb jetzund,

Das macht dein Lügenhaffter Mund,

Daß du die Sach nicht recht bedacht

Vnd mir Theseum vmbgebracht

Vnd list mich so in schanden stahn.

LUCIFER sagt.

Ich kan jhm auff mein Seel nicht than,

Dann in dem Himel ist ein Gott,

Derselb macht mich gar offt zu spott

Vnd ich kan mehrers nicht verbringen,

Als mir derselb Gott thut verhengen.

Derselbig gar nicht leiden wolt,

Daß ich Theseum tödten sollt,

Denn seine Zeit noch nicht auß war.

Doch hab ich nicht gelogen so gar,

Daß der König Egeus werd

Kurtz weg genommen von der Erdt,[1263]

Das als sein Sohn vrsachen würd

Derhalben dir gar nit gebürt,

Daß du mich so an Ehrn schendst,

Dein Lieb vnd gunst gar von mir wendst.

Das ich vmb dich nicht hab verschult.

MEDEA sagt.

Vnd wenn da haben willt mein Hult,

So verfolg deß Thesei Leib,

Auch seine Kinder vnd sein Weib!

Führ sie inn alles Vnglück ein,

Inn zeitlich vnd ewige Pein,

Auff daß sein Nam auff diser Erdt

Verfolgt vnd außgereidet werdt!

Dieweil hab ich kein rast noch ruh.

LUCIFER sagt.

Als, was ich kan, dasselb ich thu.


Sie gehn ab. Kompt Egeus, der König, mit Theseo, Tiromes, Orobes, Parites, Athenor, Julia vnd Tulia, die führen 14 Kinder, auff das schönst bekleidt, weinen vnd thun kläglich.


EGEUS, DER KÖNIG sagt.

Hertzlieber Son, wilt je auff sein

Mit den vierzehen Kinderlein,

Die vns erbarmen in dem hertzen?

Doch haben wir vil grössern schmertzen,

Weil wir fürchten, du must dein Leben

Villeicht jrenthalben auffgeben.

So merck, wann du herfehrst auffwartz,

So thu hinweg den Segel schwartz

Tom Schieff! spann einen weisen auff.

Daß wir an solchem widerlauff

Erkennen, ob du habst gesieget!

Wo aber dir dein Leib erlieget,

So laß den schwartzen Segel gahn

Auffm Schieff! drauß können wir verstahn,

Daß vmb dich wird geschehen sein.

Vnd wie wir, auch der Gemahl dein[1264]

Dich in Ehrn wissen zu klagen

Vnd ein gantz Jar lang Leidt zu tragen.

Darzu wünschen wir dir vil Glück.

THESEUS sicht in ein Zettel vnd sagt.

Großmechtiger König, in dem stück

Will ich klug vnd fürsichtig sein

Vnd will heüt mit den Kinderlein,

Die ich allhie verzeichnet hab,

Auff dem hohen Meer fahren ab

Auff Delphinum hin zu dem Tempel,

Zu eim glückseligen Exempel

Dem Gott Appollo Opffer than.

Darbey will ich gebeten han

Eur Lieb, die wöll den Gemahl mein

In der zeit lassen befohlen sein,

Biß mir die Götter helffen zu Landt.


Zu den Athenern sagt er.


Ihr lieben Burger alle sandt,

Ich bitt, stellt ein eur kläglichs Weinen!

Es hilfft doch weder klagen noch greinen,

Sonder rufft vnser Götter an,

Daß sie vns wöllen beystand than!

Für euch vnd eurer Kinder Leben

Will ich mein eygens Leben geben

Vnd sehen, das ich sie errett,

Daß sie das grausam Thier nicht tödt.

Ir lieben Kindlein, kommt zu mir

Vnd gebet mir eur Händlein jhr

Vnd gsegn seine Eltern ein jedes!


Die Kinderlein geben jnen die Händ nach einander.


JULIA sagt kläglich.

Ach weh deß kläglichen abschiedes!


Sie nimmt ein Töchterlein, truckts vnd sagt.


O du hertzliebstes Annelein!

Soll ich denn dein beraubet sein,

So bin ich ewig traurig drummen.[1265]

ANNELEIN, DAS KINDLEIN sagt.

Mutterlein, ich will balt wider kommen

Vnd will dir einen Krantz mit bringen;

Dann wollen wir ein Reyen singen.

TULIA sagt.

Ach jammer deß kläglichen Reyen!

Auff Erd thut mich nichts mehr erfreyen.


Sie nimmt ein Sönlein, druckts vnd sagt.


Ach, du hertzliebster Christoflein,

Wie hast du schon gelernt so fein?

Ich dacht, Ehr an dir zu erleben,

So muß ich dich also weg geben,

Den ich mit schmertzen thet gebern.

CHRISTOFFELEIN sagt.

Schweig, Mutter! ich will ein Doctor wern

Vnd will ein gulden Ring anstecken,

In dem Händschuch tragen ein schmecken

Vnd gar balt wider bey dir sein.

TULIA sagt.

Ach du hertzliebstes Söhnlein mein.

Steck mir ein Messer in mein hertz!

So brecht es mir kein solchen schmertz,

Als jetzt dise dein kluge Red,

Die mir fürwahr durchs hertz außgeht.

TIROMENES sagt.

Neulich bin ich ein Wittwer worn,

Hab mein hertzliebstes Weib verlorn

Vnd verlier jetzt auch dises Kindt.

FABIANUS, DAS KNÄBLEIN sagt.

Ey Vatter, vnser gar vil sindt.

Ein gutes müthlein wöll wir han.

Geseng dich Gott! ich muß davon

Vnd will balt wider kommen her.

OROBES sagt.

O du liebs Kind, das es waar wer!

Ich wolt dich von Fuß auff neu kleiden.[1266]

Ach weh! wie schmertzlich thut das scheiden,

Daß wir sehen an vnsern Kindern,

Vnd kan es doch kein Mensch verhindern!


Zu Maria sagt er.


Nun Marialein, so bhüt dich Gott!

Hab dir zur letzt das stücklein Brot

Vnd darzu ein stücklein Leckkuchen!

MARIALEIN sagt.

Vatterlein, wiltu jhn auch versuchen,

So will ich dir ein stucklein geben.

OROBES sagt.

O die red benimmt mir das Leben.

Wo soll ich nauß? was soll ich thon?

MARIALEIN sagt.

Vatter, zieh halt mit mir davon!

So komm wir desto eher wider.

PARITES sagt.

Ich bin nit frölich worden sieder,

Mich hat getroffen dises Loß.

GOTTFRIEDT sagt.

Vatter, mach dir kein trauren groß!

Fahrn wir doch jetzund nur Spacirn

In Gartn vnd bringen Öpffl vnd Pirn,

Singen, Reyen, Tantzn vnd springen.

Schweig! ich will dir etwas mitbringen

Vnd will balt wider bey dir sein.

ATHENOR sagt.

O jhr hertzlieben Kinderlein,

Ich wolt, daß jhr war hett dißmal,

So wer dest kurtzer vnser qual;

Aber ich hab noch nie vernommen,

Das Kinder wern wieder kommen,

Die man hat geben zu Tribut.

THESEUS sagt.

Mit dem macht jhr die Sach nicht gut.[1267]

Was hilffts, daß jhr lang greint vnd klagt,

Den Kindern solchs böß dieng fürsagt?

Die Götter sein noch wol so starck,

Daß sie von disem Monstro arck

Erretten dise Kinder zart.

Wolauff, so last vns auff die fart!

Das Schiff ist an des Meeres Port

Zum einsitzen gerüstet dort.


Die Kinderlein geben jren Eltern allen die Händ vnd gehn in einer ordnung mit dem Theseo davon.


TULIA sagt.

Das ist ein kläglicher abschiedt,

Dergleichen hab ich gsehen nit.

O jhr Götter, last euch erbarmen

Vnser so hoch betrübten armen!

Kein Mensch mag auff der Erden sein,

Die gleich leiden vnserer Pein.

Nun will ich jhm nachfolgen jetzen,

Sehen, wie sie ins Schieff einsitzen.


Sie weint vnd gehn alle ab.


MINOTHAURUS geht ein, sagt zornig.

Der König mich vertröstet wol,

Daß man mir zfressen bringen sol

Die vierzehen Kinder von Athen,

Darnach mir Vrigeln die Zeen.

Hab schier mein augen außgesehen.

Im werck aber wils nicht geschehen.

Darumb ich dem König zusag,

Kommen sie nicht morgen den tag,

So griff ich an, was ich nun find,

Es sey ein alts Mensch oder ein Kind,

Es sey ein Frau oder ein Mann.

Nit lenger ich Hunger leyden kan,

Gschweigen, das ich noch solt hie warten

Dem König seinen Lustgarten.

Für war, es gfelt mir nit am pasten.

Mein Bauch ist nicht gewehnt zum fasten,
[1268]

Sonst wer ich ein Kartheyser worn

Oder kommen sonst zu eim Orn.

Ich aber muß zu fressen han,

Denn lenger ich nicht warten kan.

Holla, holla! bringt zu fressen mir,

Wolt Leib vnd Leben erretten jhr!

Holla, fressen her! jhr hört es wol.

Mein Bauch ist mir gantz lehr vnd hol.

Ich will gehn hinauß auff die Heid,

Ob ich darauff findt ein Graßmeidt,

Die will ich auff gut rechnung fressen.

Einer BaurnMagdt ist balt vergessen.


Er geht ab. Areadnea, deß Königs Miri Tochter, geht ein mit Cuba, jhrer Jungkfrau.


AREADNEA sagt.

Ich hab von dem König vernommen,

Wie in die Insel her sey kommen

Theseus, der König von Athen,

Vnd bring die TributKinder schön,

Sey ein Junger gerader Mann,

Gar Adelich schön von Person.

Dem thut man so vil lobs verjehen,

Daß ich jhn auch gar wol möcht sehen;

Dann er will die Kinder erlösen

Von Minothauro, dem bösen

Monstro; dem wolt ich hilffe thon,

Daß er den obsieg brecht davon;

Denn ich weiß nicht, wie mir ist gschehen,

Hab jhm niemals kennt noch gesehen,

Iedoch bin ich in Lieb verwundt

Gegen jhm in meins hertzen grundt,

Daß ich kaum halb bey sinnen bin.

CUBA sagt.

Königlichs Fräulein, wo denckt jhr hin?

Theseus ist verheyrat schon,

Daß er euch gar nicht werden kan,

Es geschehe dann in vnehr.

Daß schadet euren Ehrn sehr.[1269]

So würd auch eur Herr Vatter mit

In warheit sein vbel zu fridt,

Dörfft euch deßhalb nemen das leben.

Darumb thut euch zu friden geben

Vnd nemmbt euch vmb jhn gar nit an,

Als vmb das euch nicht werden kan,

Daß jhr euch nicht peinigt vergebens!

AREADNEA sagt.

Er ist die auffenthalt meins Lebens.

Venus, die schön Göttin der Lieb,

Würcket in mir in solchem trib,

Daß ich mich drein ergeben gantz;

Will ehe alles setzen in dschantz,

Daß ich nur den Helden erwürb,

Als dann ich desto lieber stürb.

CUBA sagt.

Fürwahr es wird nichts guts darauß.

Darumb schlagt die Gedancken auß!

Dann er kompt mit den Kindern sein

Fürwar von ferrn dort zogen rein.

AREADNEA sicht sich vmb vnd sagt.

Ach schau doch! die Göttlich gstallt

Ist meines Hertzen auffenthalt.

O HertzensTrost, du schönes Bildt,

Allein dein Lieb mein Schmertzen stillt.

THESEUS geht ein mit den viertzehen Kindern in ordnung, stellt sie zusammen vnd sagt.

Ihr Kinderlein, kniet allhie nider!

Wir müssen jetzo beten wider,

Sonst dörfft wir nicht in Garten nein,

Da so vil Öpffel vnd Birn sein.


Die Kinderlein knyen nider, heben die Händ auff, beten mehlich vnd solches auß vrsach, daß ich nicht Heydnische Gebett machen mag.


CHRISTOFFELEIN sagt.

O jhr Götter im höchsten Thron,[1270]

Nembt euch vnser klein Kinder an

Vnd last vns in den Garten nein,

Daß wir darinnen lustig sein,

Tantzen vnd singen einen Reyhen!

MARIALEIN sagt.

O kein kurtzweil thut mich erfreyen,

Dann mir ist mein Hertz also schwer.

Wolt, daß ich wider daheim wer

Bey der Mutter vnd Brüderlein,

So wolt ich gar gern frölich sein.

O jhr Götter, helfft mir darumb,

Daß ich baldt wider zu Hauß heim kumm!

THESEUS sagt.

Heüt dise Nacht lag ich im Schlaff.

Mich ein solches Gesicht betraff,

Wie daß ich sehe gleich jetzundt

Deß Königs Tochter, vor mir stund,

Lehrt mich vnd thet mir Rahtsweiß sagen,

Wie ich das Monstrum köndt erschlagen.

Ich will sie alsbaldt reden an,

Ob mir mein Traum jetzt möcht außgahn.


Er geht zu jhr vnd sagt.


Zart Edle Jungkfrau hochgeborn,

Im Traum ist mir offenbart worn,

Treu hilff ich bey euch suchen soll,

Ihr künd vnd werdt mir helffen wol.

So wolt ich euch gebetten han,

Daß jhr euch mein wolt nemen an,

Daß ich den Minothaurum tödt,

Die Kinder bring auß jhrer nöth.

Das will ich beschuldten vmb euch,

Wenn ich komm inn mein Königreich.

AREADNEA sagt.

Theseus, Edler Junger Höldt,

Mein Hertz, das hat euch außerwehlt

Inn rechter wahrer brinnendter Lieb,[1271]

Derhalb ich raht vnd anweiß gib.

Erstlich wenn jhr wollt inn Irrgarten

Vnd angreifen mit starcken harten

Schlegen den grausam Minothaurum,

So habt euch diesen Faden drumb,

Daß jhr jhn anhefft an der Pfordten!

Nembt das Kneul mit an allen orten!

Denn der Labrinth hat vmb vnd vmb

Sehr viel heimblich Winckel vnd krumb.

Wenn jhr euch drinn verjrren thet,

Eur Leben jhr verloren hett.

Darumb so geht dem Faden nach,

Daß er euch auff den Weg rauß trag,

Darauff jhr seyt gangen hinein!

Das würd erstlich von nöthen sein.

Derhalb habt gut acht auff den Faden!

THESEUS sagt.

Königlichs Fräulein, diser Gnaden,

Auch diser Hilff vnd treüen Raht

Bedanck ich mich; vnd die Wolthat

Verdien ich, weil ich hab das Leben.


Er vmbpfächt die Jungfrau.


AREADNEA sagt.

Die Götter wöllen euch Glück geben!

Man bläst gen Hof: ich muß fortgehn.

Vnser Lieb bleib ewig bestehn!

Vnd so jhr kommet auß dem Garten,

Kompt zu mir, da ich eur will warten!

Da reden wir von vnser Lieb.

THESEUS gibt jhr die Hand vnd sagt.

Dessen ich euch mein Treü hie gib.


Areadnea geht mit Cuba ab.


THESEUS geht zu den Kinderlein, stellt sie zusammen in ein ecken vnd sagt.

Steht jhr da in das Eckelein!

So führ ich euch inn Garten nein.


Er nimpt das Kneül rohten Faden, heffts an, geht mit[1272] inn einem Zirckel rumb. Kompt Minothaurus vnd sagt.


Der Hunger hat mich hart besessen.

O hett ich MenschenFleisch zu fressen,

Wie weydlich wolt ich schrotten drinnen,

Daß mir Blut übers Maul müst rinnen!

Marck sampt Gebein wolt ich verschlinden

Von den Jungen vnd fäisten Kinden.

Wie ist heüt auß mein Speiß so lang!

Ich hör dort jemand im eingang.

Ich mein, man sollt mir zessen bringen

Lebendige Speiß, so würd mir glingen.


Theseus macht sein Faden.


MINOTHAURUS laufft jn an vnd sagt.

Wer bist, daß du zu mir gehst ein?

Sag! willt du auch mein Speise sein?

Fluchs troll dich oder du must sterben,

Eines schröcklichen Todts verderben.

THESEUS sagt.

Mein Minothaure, thu verziehen!

Ich thet vor nie vor keinem fliehen,

Derhalb ich vor dir auch nicht fleuch.

Deines Vnforms Trag ich kein scheuch.

Ich hab jr vor wol mehr erleget,

Die mir mit Hochmuth sein begeget.

Wilt du aber mein Gfangener sein,

So verschon ich am Leben dein.

MINOTHAURUS sagt.

Was bringst du für? wo denckst du hin?

Meinst, daß ich etwan ein Kind bin

Vnd vor dir solte fürchten mich?

Lebendig wolt ich fressen dich.

Ich will dich bringen auß dem garten.

THESEUS sagt.

Ein jeder Fuchs thu seins Balgs warten!

O Venus, Göttin, thu mir beystahn,

Der ich heüt hab mein Opffer than!


Sie schlagen lang an einander; endlich felt Minothaurus vnd[1273] stirbt.


THESEUS sagt.

Nun ist Minothaurus erschlagen

Vnd hat verschreiben vnd zusagen

Ein endt, das Athen nimmer thut

Geben in Creta den Tribut,

Sonder ist quit, ledig vnd frey

Von der bschwerlichen Tyranney.


Er geht zu den Kindern, führt sie hin zu dem Minothauro, weist jhm den vnd sagt.


Secht da, jhr lieben Kinderlein!

Der böß man wolt euch allgemein

Gefressen haben in sein kragen.

Den bösen Mann hab ich erschlagen.

Nun wöll wir in den Garten nein,

Drinn frölich vnd guts muthes sein

Vnd allerdings kein kurtzweil sparn.

Morgen wöll wir wider heim fahrn

Zu vnsern lieben Eltern frumb.


Die Kinder geben jhm all die Händ.


GOTTFRID sagt.

Wir dancken eurer Gnad darumb,

Daß jhr eur Königliches Leben

Für vns arme Kindlein dargeben

Vnd vns von disem Thier erlöst.

Deß solt jhr ewig sein getröst.


Er geht mit jhnen ab. Kompt Egeus, der König, mit Frigio vnd Gemio, setzt sich vnd sagt.


Ir lieben getreuen, weil jhr wist,

Daß hefftig schwach vnd todtkranck ist

Antiopa, mein liebe Schnur,

Die hat ein Sohn geboren nur

Mit Theseo in jhrer Ehe:

Wenn sie jetzt stürb, so geschen vns weh,

Zu mahl weil er ist nicht zu hauß.

Doch wird er nicht lang bleiben auß,

So er anderst ist noch im Leben.

FRIGIUS sagt.[1274]

Die Götter werden nicht nachgeben,

Daß sein Gemahl sterb, ehe denn er

Auß Creta widerumb komm her.

Solts aber von jhn sein versehen

Vnd jhrs todtsfalls halb was geschehen,

So könnt wir nicht darwider sein.

Sein Sohn ist nun erwachsen fein

Vnd fast kommen zu sein tagen.

So müst man nun davon rahtschlagen,

Wie er ein andern Gemahl nein,

Von der er mehr Erben bekehm,

Das daß Reich bey dem Stammen blieb.

GEMIUS sagt.

Großmechtiger Herr, den Raht ich gib,

Man mach auff sie kein rechnung mehr.

Sie stirbt deß Legers, bey meiner ehr,

Denn jetzo, wie ich gen Hof gieng,

Groß gschrey daß Gesind im Hauß anfieng

Vnd gar hefftig zusammen lieffen,

Sagten, sie hett in die Züeg griffen,

Daß ich halt, es sey mit jhr auß.

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

Nun, was soll wir dann machen drauß?

Ist sie dann gestorben, so wöllen wir

Vns noch weiters berahten schir,

Daß wir den Sohn was lassen lehrn,

Was zu dem Regiment thu kern

Vnd sonst gebürt eins Königs Kindt.

Ehrlicher Weibsbildt man gnug findt,

Daß wir vnsern Sohn versehen.

Doch weil sich die zeit thut hernehen,

Daß er soll täglich gfahren kommen,

So secht euch auff der Zinnen vmben,

Wenn sein Schiff zu vns fehrt herwartz,

Ob es hab einen Segel schwartz!

Denn der schwartz Segel, der bedeut,

Daß er ist vmbkommen im streit;[1275]

Hat er aber ein Segel weiß,

So bat er erhalten den Preiß

Vnd kommt mit ehr vnd Triumph her.

An dem ist vns gelegen mehr,

Als an allen dem, was kan sein.

Darumb kommet mit vns herein

Vnd last vns warten, biß er kumb,

Vnd secht euch nach jhm fleissig vmb!


Abgang. Kompt Cuba, die Kammerfrau, vnd sagt.


Mir will hie nit gefallen wol.

Weiß nit, was ich schir sagen sol,

Das daß Königlich Fräulein

Bey jhr lest gehn stets auß vnd ein

Den Theseum in jhrem Gmach,

Den sie doch vor nie kenndt noch sach.

Der König weiß noch nicht darumb,

Daß er auch den Minothaurum

Durch jhre hülff erschlagen hat.

Erführens jhre Majestat,

Fürwar, der Teuffel wird Abbt wern.

Dort kommt sie; das seh ich gleich gern.

AREADNEA geht ein mit Schwangerm Leib, wind die Händ vnd sagt.

O du wanckels vnd vntreus Glück,

Wie beweist mir so grosse Dück,

Weil mich Theseus hat verlassen

Mit Schwangerm Leib, dem ich dermassen

Hab alle Lieb vnd guts gethan,

Dardurch er diesen streit gewahn!

O daß ich nur verschieden wer!

So köm ich auß schand vnd gefehr.

CUBA sagt.

Königlichs Fräulein, seit wolgemuth!

Theseus balt wider kommen thut,

Der euch nicht gar verlassen hat.

AREADNEA sagt.[1276]

O dein trost kommt mir vil zu spat.

Der Todt hat mir mein hertz vmbfangen,

Daß mir all hoffnung ist entgangen.

Theseum seh ich nimmermehr.

Ich komm vmb Leben, Gut vnd Ehr.

Deß will ich gehn, mich selbst erhencken,

Mein hartsal nit mehr zu gedencken.


Areadnea laufft eilendt ab.


CUBA laufft hinnach, kommt balt wider vnd sagt.

Ach, ist das nicht Jammer vnd Noth?

Deß Königs Tochter ist schon todt,

Hat sich gehenckt vor hertzenleidt.

Weil Theseus von hinnen scheidt

Heimlich vnd gar kein vrlab nam,

Sie in die groß anfechtung kam.

Ach wehe! wie wird der König than,

Zu mal wenn man jhm zeiget an,

Daß Areadnea gschwecht sey,

Vnd man jhm anzeiget dabey,

Wie Minothaurus sey erschlagen!

Ey wie wird er weinen vnd klagen,

Ehe dann man sie zu Grab thut tragen!


Abgang.


Quelle:
Jakob Ayrer: Dramen. Band 2, Stuttgart 1865, S. 1263-1277.
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