Zwölfte Szene

[12] Vorige ohne Hans.


REDLICH erblickt Müllern. Servus! Hätte bald nicht die Ehre gehabt, Sie auszunehmen. Was steht zu Diensten? Apropos, bald hätt ich vergessen – aus der Heirat wird nichts, das wird Ihnen meine Frau vielleicht schon gesagt haben.

MÜLLER. Ja, nicht ohne Verdruß habe ich von Ihrem Eigensinn erfahren.

REDLICH. Nicht Eigensinn, sondern eigenen Sinn, mein Herr; Sie müssen mir's nicht übelnehmen, wenn ich so offenherzig bin, aber Sie gefallen mir nicht. Sie sind kein guter Mensch, kein guter Untertan – Sie sind ein schlechter Patriot.

MÜLLER. Wer kann mir das beweisen?

REDLICH. Beweisen, nun beweisen! Das möchte schwer sein! Ihr Herren wißt euch schon so zu benehmen, daß man euch eigentlich nie was beweisen kann. Aber ich habe so meine gewissen Kennzeichen und brauche keinen Beweis. Mit Ihnen bin ich im klaren!

MÜLLER. Kommen Sie auf etwas anderes!

REDLICH. Auf meine Tochter? Ist mir auch recht. Also rundheraus gesagt, die können Sie nicht haben, und wie mir scheint, macht sie gerade auch kein Gesicht, als wenn sie darüber traurig wäre.

KÄTHCHEN. O lieber Vater, nicht im geringsten. Ich hab diesem Herrn schon oft erklärt, daß ich ihn nicht leiden kann.

REDLICH lächelt. So? Und dennoch sind Sie noch so keck, um sie anzuhalten?

MÜLLER. Kinder haben ja keinen Willen – die Mama ist mir gut.

REDLICH. Die Mama ist Ihnen gut? – Nun, so heiraten Sie die Mama, denn wenn sie fortfährt, solchen Leuten, wie Sie sind, gut zu sein, so wird sie mich bald losbekommen.

MÜLLER. Sie sind heute nicht gut disponiert. Eine Wolke des Mißmuts überzieht Ihr Gesicht.

REDLICH. Ja, Sie haben recht, es ist ein Ungewitter bei mir in Anzug! Geben Sie acht, daß es nicht einschlagt.

MÜLLER. Sie wissen gar nicht, warum mich Ihre Mamsell Tochter haßt.[13]

REDLICH. Ist mir gleichgültig, ich will Ihre hassenswerten Eigenschaften nicht kennenlernen.

MÜLLER. Sie liebt den saubern Dichter Berg. Boshaft. Der hat ihr wahrscheinlich die Liebe in Versen beigebracht.

KÄTHCHEN. Lassen Sie den Witz. Sie können doch diesen Dichter nie erreichen.

MÜLLER. Freilich hab ich keine Schulden.

KÄTHCHEN. Pfui!

THERESE. Recht so, Herr Müller, der arme Schlucker steckt ihr im Kopf. –

REDLICH leise zu Käthchen, etwas scherzhaft. Er meint dein heimlichen Poeten, den ich da gesehen habe.

KÄTHCHEN. Ach ja! Lieber Vater, er ist so rechtschaffen und gut –

REDLICH. Mag sein! Ich kenn ihn nicht genug – auf jeden Fall ist er mehr wert als der da – aber weder der Dichter noch der Negoziant; du hast noch Zeit.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 12-14.
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