[265] Die Teufelsmutter und Mephistopheles.
DIE TEUFELSMUTTER.
Wo ist Dein Herr, mein Goldfisch Faust, Mephisto?[265]
MEPHISTOPHELES erstaunt, macht einen Kratzfuß.
Um aller Sünde! Madam Mutter, Sie
Zu Fuß? allein? in diesem kalten Wetter?
DIE TEUFELSMUTTER.
Wo ist Dein Herr, mein goldner Vogel, Faust?
MEPHISTOPHELES.
Wenn Seine Majestät, der Sohn, 's erführe!
Wie sind Eu'r Gnaden losgefesselt worden
Vom Krötenpfuhl des alten Höllenlehnstuhls?
TEUFELSMUTTER trippelnd mit allen Füßen.
Wo ist Dein Herr, mein süßes Hündchen, Faust?
Antworte! mir begegnet sonst ein Uebles.
MEPHISTOPHELES.
Der Faust hat jetzt gar dringende Geschäfte.
TEUFELSMUTTER.
Bei wem? Bei wem? – Bei Grethe nicht – ich komme
Von ihr – grad' aus dem Beinhaus. Führe mich
Zu ihm, damit ich ihr mit diesen Krallen
Die queren Katzenäugelein ausreiße!
MEPHISTOPHELES.
Das geht nicht, Euer Gnaden! Aber seyn Sie
Nur unbesorgt! Mein Herr hat ganz was Andres
Zu thun in diesem Augenblick.
Man hört von dem Hintergrunde laut durch den Rauch herschallen:
»So kollern wir von Ort zu Ort
Bis an des Himmels Schwelle;
Und fassen all' die Engel dort,
Und schleppen lustig sie mit fort,
Zum Walzer in der Hölle.«
TEUFELSMUTTER horchend.
Was ist's? Wird dort gewalzt? Dann muß ich
Gleich hin!
MEPHSTOPHELES verlegen.
Nichts weniger, Frau Mutter! Nichts!
'S ist nichts! sind nur besoffene Studenten,
Mein Herr ist unter ihnen nicht – ist weit
Von da – macht ganz was Andres jetzt –[266]
TEUFELSMUTTER.
Was macht er?
Was macht er denn?
MEPHISTOPHELES.
Er greift mit starker Faust
In's große Rad der Zeit. – Bald wird sich anders
Umdrehn die Welt! Der Teufelsjunge baut
'Ne neue Kirche!
TEUFELSMUTTER erstaunt.
Kirche?
MEPHISTOPHELES.
Seine nämlich.
TEUFELSMUTTER.
Drin werden Nacht und Tag Wachskerzen brennen
Auf dem Altar für mich? nicht wahr?
MEPHISTOPHELES.
Natürlich!
Obgleich sie eigentlich dem Mittelalter
Geweiht wird.
TEUFELSMUTTER.
Ich bin mittelalt.
MEPHISTOPHELES.
Herr Satan,
Hochdero Sohn und Eh'gemahl, ist doch
So alt schon wie die Welt, wenn ich nicht irre.
TEUFELSMUTTER.
Thut nichts! Bin mittelalt geboren, und
Will sterben mittelalt. Mein Leben ist
Ein wonnefauler Mittelalter-Tod,
Voll junge Geier reizender Verwesung –
Wie der Goldjunge sagte. – Doch was schwatz' ich?
Wann wird die Kirche gar?
MEPHISTOPHELES.
Um Mitternacht;
Dann, gnäd'ge Frau Mama!
Er bietet ihr den Arm.
Darf ich so frei seyn?[267]
TEUFELSMUTTER giebt ihm eine Krücke und ihren Arm.
Die Zeit wird lang mir werden, bis dahin.
O! sorge, daß Dein Herr sich nicht verläuft
Bei Bärbchens in der Barbarei! Was ich
Vermag zu Haus', und in der Küch' –
MEPHISTOPHELES sie abführend.
Ich werd' ihn stets
Wie 'n ächter treuer Höllenhund bewachen.
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