IV.

[151] Wir sahn der Sterne licht Gefunkel,

Wir sahen Wüstensand und Wellen ungezählt;

Trotz manchem Unglücksschlag, trotz Sturm und Wetterdunkel

Hat Langeweile uns ganz so wie hier gequält.


Der Sonne Glorie auf den veilchenfarbnen Meeren,

Der Städte Glorie, wann die Sonne leuchtend sinkt,

Entzündeten in uns ein ruhelos Begehren

Nach eines Himmels Glanz, der fremd verlockend blinkt.


Die reichsten Städte und die prangendsten Gefilde

Enthielten nimmermehr den mystisch-seltnen Reiz,

Wie ihn aus Wolken formt des Zufalls fremd Gebilde.

Stets hauchte Sehnsucht uns die Schauer bangen Leids.


– In dem Genusse weiß die Sehnsucht Kraft zu finden.

O Sehnsucht, alter Baum, der von der Lust sich nährt,

Indessen du ergreist und härtest deine Rinden,

Sieh, wie dein schlank Gezweig zur Sonn' emporbegehrt.


[151] Strebst ewig, großer Baum, du mächtiger nach oben

Als die Zypresse? – Doch wir haben sorglich, wißt,

Für eures Sammelns Gier euch Skizzen aufgehoben,

Ihr Brüder, die ihr preist, was aus der Ferne ist.


Wir grüßten Götzen, die mit Riesenrüsseln dräuten,

Und Throne, die gebaut aus lichtem Edelstein;

Der Prunkpaläste Glanz, an dem wir uns erfreuten,

Möcht euren Handelsherrn Traum und Verderben sein.


Gewande, die das Aug entzücken und berauschen,

Fraun, die sich färben Zähn und Nägel, schauten wir

Und weise Zauberer, auf welche Schlangen lauschen.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 151-152.
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Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
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