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1801
Am 24. November geboren in Weimar als uneheliches Kind der Johanna Karolina Dorothea Bechstein aus Altenburg, Tochter eines Konsitorial-Botenmeisters. Als Vater benennt sie den aus Fontenay le Comte in der Vendée stammenden Emigranten Louis Hubert Dupontreau. Die Mutter überläßt das Kind der Erziehung durch eine Pflegemutter.
1810
Sein bisheriges Leben erscheint Bechstein rückblickend »wie ein schlimmer Traum«. Ein Verwandter, der Forstrat Johann Matthäus Bechstein, Direktor der Forstakademie Dreißigacker bei Meinigen, nimmt ihn als Pflegekind auf. Bechstein wird Schüler des Gymnasiums in Meiningen.
1819
Abbruch der schulischen Ausbildung und Beginn einer Lehre in der Kühnschen Apotheke in Arnstadt.
1822
Abschluß der Lehre mit der Gehilfenprüfung.
1823
Die erste Buchveröffentlichung »Thüringische Volksmärchen« erscheint unter dem Namen C. Bechstein.
1824–1829
Bechstein arbeitet in der Hofapotheke zu Meiningen.
1825
Er wird Apothekergehilfe in der Schwan-Apotheke in Salzungen.
1829
Die »Märchenbilder und Erzählungen« erscheinen in Leipzig. Der Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen wird auf das junge Talent Bechstein, der auch Sonette und Gedichte veröffentlicht, aufmerksam. Bechstein erhält von ihm ein Stipendium und studiert Philosophie, Literatur, Geschichte und Kunst in Leipzig und München (bis 1831).
1831
Beendigung des Studiums und Rückkehr nach Meiningen. Der adlige Gönner beauftragt Bechstein mit der Ordnung des Heldburger Archivs. Es folgt im November die Ernennung zum herzoglichen Kabinettsbibliothekar und zum zweiten Bibliothekar der Herzoglichen öffentlichen Bibliothek in Meiningen .
1832
Gründung des »Hennebergischen altertumsforschenden Vereins« unter Bechsteins Führung (1857 Ehrenpräsident).
1833
Ernennung zum ersten Bibliothekar der Herzoglichen öffentlichen Bibliothek in Meiningen.
1840
Ernennung zum Hofrat.
1842
Eintritt in die Freimaurerloge zu Meiningen.
1844
Bechstein erhält eine Anstellung am »Gemeinschaftlichen Hennebergischen Gesamtarchiv« und ist verantwortlich für die Neuordnung der Bestände.
1845
Erstmals erscheint die Ausgabe »Deutsches Märchenbuch.« Schon der Titel »Deutsches Märchenbuch« läßt keinen Zweifel offen, was Ludwig Bechstein bei der Herausgabe seiner Sammlung 1845 vor Augen hat: eine Sammlung für das ganze Land zu schaffen. Das Epitheton Deutsch erinnert an die erste Sammlung, die fünfbändigen »Volksmärchen der Deutschen« von Johann Karl August Musäus (1782–1787). Er war zeitlebens Bechsteins Vorbild, wurde später aber auch kritischer von ihm gesehen. Zugleich war der nationale Anspruch, die repräsentative Sammlung des Landes herauszugeben, der Versuch, ein Gegengewicht zu den inzwischen populären »Kinder- und Hausmärchen« der Brüder Grimm zu schaffen.
1848
Bechstein, den demokratischen Bestrebungen seiner Zeit aufgeschlossen gegenüberstehend, wird Hauptmann einer Einheit der Meininger Bürgergarde. Doch bald zieht er sich zurück, da ihm die Vorstellungen der revolutionären Demokraten und Republikaner zu radikal sind. Wunschvorstellungen über politisches Handeln fließen auch in seine Märchenbearbeitungen ein. Im gleichen Jahr wird Bechstein Archivar des Hennebergischen Gesamtarchivs.
1853
Es erscheint Bechsteins »Deutsche Sagenbuch« mit 1000 Sagen, angelegt nach Regionen. Außerdem legt er das »Deutsche Märchenbuch« in einer revidierten und ergänzten Ausgabe vor, befreit von allzu vielem romantischen Ballast (wohl aufgrund der Kritik durch Ernst Meier). Vom »Deutschen Märchenbuch« erscheinen bis 1853 elf Auflagen; eine weitere undatierte Ausgabe (1846) trägt den fingierten Druckort Kopenhagen. Wichtig ist die durchgängige Illustrierung der Märchen, für die Ludwig Richter gewonnen werden kann; 174 Holzschnitte nach seinen Zeichnungen schmücken die preiswerte Ausgabe. In überarbeiteter Form erreicht die Ausgabe 1919 die 69. Auflage.
1854
Ein Band mit »Hexengeschichten« kommt heraus.
1856
Als Fortsetzung des »Deutschen Märchenbuchs« bringt Bechstein 80 weitere Texte in einem »Neuen deutschen Märchenbuch« heraus, darunter zahlreiche Sagen. Die Ausgabe errreicht bis 1922 105 Auflagen.
1857
Vermehrt um 13 Illustrationen erscheint »Ludwig Bechsteins Märchenbuch.«
1860
14. Mai: Bechstein stirbt in Meiningen an der Wassersucht.
Autor der Biografie: Hans-Jörg Uther
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Der satirische Roman von Christoph Martin Wieland erscheint 1774 in Fortsetzung in der Zeitschrift »Der Teutsche Merkur«. Wielands Spott zielt auf die kleinbürgerliche Einfalt seiner Zeit. Den Text habe er in einer Stunde des Unmuts geschrieben »wie ich von meinem Mansardenfenster herab die ganze Welt voll Koth und Unrath erblickte und mich an ihr zu rächen entschloß.«
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1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
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