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[410] Die kleinen stillen Flüßchen bei Leipzig, die Elster wie die Pleiße, sind von Nixen bewohnt und fordern jedes Jahr ihren Toten. Da ist besonders der Johannistag der Tag, an welchem niemand zu raten ist, auf dem Wasser zu fahren oder darin zu baden. Häufig geschieht es, wenn einer ertrinken soll, daß man die Nixen auf dem Wasser tanzen sieht. Zu Leipzig wurde oft auf der Straße ein Nixenweiblein gesehen. Es kam mit einem Tragkorbe und mischte sich unter andere Bauersweiber, Lebensmittel einzukaufen, doch hat es mit niemand ein Wort geredet; es deutete auf die Ware, vernahm den Preis, bot feilschend weniger Geld, nahm endlich und ging. Wer es grüßte, dem dankte es nicht. Einmal sind ihrer zwei dem seltsamen Weiblein nachgegangen, da sahen sie, wie es an einem kleinen Wasser seinen Korb hinsetzte, und wie der Blitz war es samt dem Korbe verschwunden. Auf der Nixe Spur sah man den Weg betropft, denn der Saum ihrer Gewänder war zwei Hände hoch naß. Gleiches wird überall erzählt, fast in allen Orten, die an Flüssen, Strömen oder Seen liegen; insgemein geht auch diese Sage, daß die Nixe an die Fleischbänke tritt, ihren Daumen auf ein Stück Fleisch legt und der Metzger diesen abhaut – da leitet dann die Blutspur in den See oder in den Fluß, der Metzger aber muß die schlimme Tat ganz sicher mit dem Leben büßen, wie jener Mühlknappe, der eine Nixe am Ufer sitzen und ihr Haar strählen sah und auf sie mit der Büchse anlegte. Die Nixe aber sprang rasch in den Fluß und drohte zornig mit dem Finger. Nach drei Tagen badete der Bursche, und weg war er. Bei Leipzig tief hinten im Rosentale und aufwärts an den wiesenumgrünten, waldumrauschten Ufern der Elster und Pleiße ist es so geheimnisvoll und unheimlich still, daß den Wanderer unwillkürlich ein Grauen überfällt und keiner sich wundern würde, sähe er die Nixen der stillen Flut entsteigen.
Ausgewählte Ausgaben von
Deutsches Sagenbuch
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